Eine interessante Entscheidung zum Thema Urheberrecht hat am 12. Januar der Patents County Court in London getroffen. Gegenstand waren Fotografien, die mit Photoshop auf ähnliche Weise verändert wurden. Der Fall wurde von der Zeitschrift Amateur Photographer aufgegriffen. Dort spricht von einem “schockierenden Urteil”.

Der Souvenirhersteller Temple Island Collection konnte sich gegen die Teefirma New English Teas durchsetzen, weil auch hier auf einer schwarz-weißen Fotografie ein knallig roter Bus auf der Westminster Bridge vor dem Hintergrund von Big Ben und der Houses of Parliament dargestellt wurde. Das Bild wurde auf Verpackungen verwendet. Es handelt sich, wie man hier sehen kann, um ansonsten unterschiedliche Fotos von unterschiedlichen Orten mit einer unterschiedlichen Perspektive und unterschiedlichen Aufnahmen eines Busses.

Der rote Bus als Original und als Plagiat. Bild aus dem Urteil des Gerichts

Justin Fielder von Temple Island Collection bezichtigte die andere Firma, sie habe sich unrechtmäßig das “Produktkonzept” des Bildes angeeignet, gab sich aber konziliant, da er als derjenige, der das bekannte Rote-Bus-Bild geschaffen habe, der Firma die Möglichkeit angeboten habe, das Bild zu lizenzieren. Weil diese das ablehnte, zog er vor Gericht.

Der Richter strich in seinem Urteil das Konzept und die mühsame Arbeit an der Manipulation des Fotos heraus, also dass das Rot des Busses verstärkt, der Himmel entfernt, bis auf den Bus alles schwarz-weiß gemacht, einige Personen entfernt und das Bild gedehnt wurde. Und der Richter betont, dass für das Bild der Teefirma keine Form der Kopie verwendet wurde, sondern neue Fotos gemacht und entsprechend bearbeitet wurden. Da beide Firmen schon zuvor wegen des Roten-Bus-Bildes aneinandergeraten waren, hatte die Teefirma säuberlich vermieden, direkt etwas zu reproduzieren und erklärt, das Urheberrecht könne nicht beansprucht werden, um ein Monopol auf ein SW-Bild von den Houses of Parliament mit einem roten Bus davor zu erlangen.

Nach einer länglichen Darlegung des Falls und des Urheberrechts kam der Richter zu dem Urteil, dass es sich bei allen Bedenken um eine Urheberverletzung handelt. Fielder habe mit seinem Bild nämlich eine eigenständige “ästhetische Qualität” durch seine Arbeit geschaffen, die eine geistige Schöpfung darstelle. So gebe der leere Himmel dem ganzen Bild ein “dramatisches Aussehen”, wodurch auch der rote Bus mehr hervorsteche. Dieser Effekt sei reproduziert worden. Auch sei der Bus ähnlich in Bezug auf die Architektur gestellt worden etc. Wichtiger aber war dem Richter, dass das Bild von Fielder eben keine bloße Fotografie sei, sondern das Produkt von bewussten Entscheidungen und Manipulationen. Letztlich ist der Vorwurf, man habe den Effekt des Bildes reproduzieren wollen, weil es so “attraktiv” ist – und das scheint dann das Urheberrecht zu verletzen.

Cory Doctorow bezeichnet das Urteil als “verrückt”, schließlich sei zu erwarten, dass jeder, der eine große Sammlung an Fotografien hat, mal schnell alle durchschaut, dann nach anderen Fotos sucht, die ähnliche Motive haben, und zu klagen beginnt: “Wir haben das Copyright auf “zwei Typen trinken Bier und richten den Boden ihrer Gläser gen Himmel!” Doctorow kann sich kaum halten: “It’s an apocalyptically bad ruling, and an utter disaster in the making.”

Source : http://www.heise.de/tp/blogs/6/151307

Von : Florian Rötzer in Telepolis > Kultur und Medien-News