Die Medienindustrie gibt sich bei ihrer Lobbyarbeit zu Ausweitung von Monopolansprüchen stets als Schützerin benachteiligter Urheber. Die aktuellen Pläne der Musikindustrie in den USA zeigen jedoch, dass zwischen den beiden Gruppen ein erheblicher Interessenkonflikt besteht.

Dabei geht es um einen Bestandteil des U.S. Copyright Act von 1976, der vorsieht, dass übertragene Nutzungsrechte von Urhebern nach 35 Jahren zurückgefordert werden können, auch wenn in Verträgen längere Fristen stehen. Weil diese Klausel 1978 in Kraft trat, könnten 2013 massenhaft Musiker auf die Idee kommen, unvorteilhafte Verträge neu auszuhandeln oder ihre Aufnahmen selbst profitabler zu vermarkten.

Die Musikindustrie versucht dies dadurch zu verhindern, dass sie argumentiert, die Aufnahmen seien reine Auftragsarbeiten (“work for hire”). Das wirft zwar die Frage auf, warum solch schnöde Auftragsarbeiten jahrzehntelangen Monopolschutz genießen sollen, bringt aber den Vorteil, dass die Rechte für die Aufnahmen dann bei den Konzernen verbleiben würden.

Allerdings ist die gesetzliche Definition für “work für hire” relativ eng. Dazu muss ein Urheber nämlich entweder ein fester Angestellter der rechtebeanspruchenden Firma gewesen sein (was bei Musikern eher selten vorkommt), oder das Werk wurde mit Wissen beider Vertragsparteien explizit als “work für hire” bestellt und ist einer der folgenden im Gesetz aufgeführten Gattungen zuzuordnen: Film, andere audiovisuelle Arbeit, Atlas, Test, Gebrauchsanweisung, Übersetzung, Ergänzung (Vorwort, Bibliografie etc.) oder Zusammenstellung.

Der Musikindustrieverband RIAA stellt sich auf den Standpunkt, dass Musikalben unter den Begriff der “Zusammenstellung” fallen würden. Dass man bei den Mitgliedern des Verbandes möglicherweise selbst nicht recht an diese Interpretation glaubt, zeigte 1999 der Fall Mitch Glazier: Der schmuggelte als Kongressangestellter in einem Gesetz zu Satellitenschüsseln (!) über Nacht und ohne Kenntnis der Autoren eine Passage ein, die Musikwerke zu dem oben genannten Katalog der “works für hire” hinzufügte. Als der Fall öffentliche Aufmerksamkeit erregte, musste der Kongress die Klausel zurücknehmen. Glazier ging straffrei aus und bekam einen Job bei der RIAA, bei dem er eine halbe Million Dollar im Jahr verdient.

Michael Robertson. Foto: Media Resources michaelrobertson.com.

Damit Konzerne nicht mit ausgewählten und für sie vorteilhaften Fällen (wie den der Casting-Gruppe Village People) die fragwürdige Lesart des Gesetzes in Präzedenzfälle zementieren, hat der MP3.com-Gründer Michael Robertson eine Liste mit bekannten Musikern zusammengestellt, die von der 35-Jahres-Regelung betroffen sind. Auf ihr stehen unter anderem die Beach Boys, David Bowie, Pink Floyd, Iggy Pop und die Rolling Stones. Nun hofft er darauf, dass einer dieser Musiker mit genug Geld für gute Anwälte Nutzungsrechte zurückfordert und einen Prozess darum führt.

Source : http://www.heise.de/tp/artikel/36/36517/1.html

Von Peter Mühlbauer in Telepolis > Politik > Copyright