Viele Legehennen sind krank – und keiner merkt es

Viele Legehennen sind krank – und keiner merkt es

Wie kann der Kunde feststellen, ob die “Eierproduzenten” gesund waren?

Nur wenn er die Legehennen persönlich kennt. In der EU sind nur die Rahmenbedingungen, also die formalen Haltungskriterien bei der Legehennenhaltung vorgeschrieben. Für Hühnereier gelten in der EU genau definierte Kennzeichnungsregeln, die Teil der EU-Vermarktungsnormen für Eier sind, die heute als Verordnung (EG) Nr. 589/2008 vom 23. Juni 2008 vorliegt.

Alle sortierten Eier, die vom Erzeuger unverarbeitet an Endverbraucher verkauft werden, müssen gekennzeichnet werden. Anhand des auf dem Ei als Stempelabdruck zu sehenden Erzeugercodes kann der sich Käufer über die die Haltungsform der Legehenne (Bio-Haltung, Freilandhaltung, Bodenhaltung) informieren. Darüberhinaus erfährt er das EU-Mittgliedsland, aus welchem das Ei stammt und in Deutschland auch das Bundesland. Zu Feststellung des Betriebs, aus dem das Ei kommt, gibt es die Erzeugerbetriebs- und Stallnummer.

Auf Eier-Verpackungen steht üblicherweise die Güteklasse und die Codenummer der Packstelle, welche auch die Qualität der Eier prüfen und sie nach Gewicht sortieren. Die Packstelle, die durch ihre Packstellennummer europaweit identifizierbar ist, muss sich nicht im gleichen Land befinden wie der Erzeugerbetrieb.

Für unverpackte und unsortierte Eier, die an der Haustür oder direkt ab Produktionsbetrieb verkauft werden, gibt es sogenannte Kennzeichnungserleichterungen. Dann dürfen keine Angaben zu Güte- und Gewichtsklasse gemacht werden

Eine Übersicht, welche Vorschriften und Gesetze für die Produktion und die Vermarktung von Hühnereiern gelten findet sich beispielsweise auf dem Portal des Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz.

Wird das Ei verarbeitet, gehen alle Herkunftsnachweise mit der Verarbeitung unter: Für gekochte und gefärbte Eier sowie für Eier, die in Nudeln und Backwaren verarbeitet werden, gibt es keine Haltungskennzeichnung. Der Verbraucher kann dann nicht so leicht feststellen, ob die Eier im Eierlikör beispielsweise aus einer Käfighaltung stammen. Anhaltspunkte können da nur Listen liefern, wie sie beispielsweise vom Deutschen Tierschutzbund veröffentlicht werden.

Viele Verbraucher greifen heute zu Eiern aus Freiland- oder Biohaltung, weil die Hennen dort ihre arteigene Verhaltensweisen besser ausüben können, mehr Platz haben und ins Freie können. Vorteile, welche die Boden- oder gar Käfighaltung ihnen nicht bietet.

Dass Bio-Eier weniger Dotter haben und oft mehr Keime als Eier aus Bodenhaltung haben, wie Michael Grashorn vom Institut für Nutztierwissenschaften der Universität Hohenheim in seiner neuesten Studie nachgewiesen hat, lässt manchen dann doch wieder zu den billigeren, konventionell erzeugten Eiern greifen. Die locken zudem mit kräftiger gefärbten Dotter, der jedoch von den Farbstoffen herrührt, welche dem Futter in der konventionellen Haltung beigemischt werden. Hat ein als Bio-Ei gekauftes Hühnerei keinen blassen Dotter, hat es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit aus einem konventionell bewirtschafteten Stall ins Bio-Gefilde verirrt.

Allen Kennzeichnungspflichten über die Haltungsbedingungen und die Nationalitäten zum Trotz erfährt der Kunde über den Gesundheitszustand der Hennen in dem Betrieb, aus dem die Eier stammen, schlichtweg nichts. Es gibt keinerlei Informationen über Gelenkerkrankungen, Brustbeinschäden, Eileiterentzündungen oder Wurmbefall. Nach Informationen von foodwatch gibt es bei den Krankheitssyptomen keine signifikanten Unterschiede zwischen konventioneller und Bio-Haltung oder zwischen kleinen Höfen und Großbetrieben.

Der Kunde kann also auf der Basis der ihm vorliegenden Informationen nicht erkennen, ob die Eier von gesunden oder kranken Hühnern stammen. Egal ob Bio-, Freiland- oder Bodenhaltung viele Eier stammen inzwischen von kranken Hühnern. Und dabei sind Hühner aus Bio- oder auch aus Freilandhaltung, die im mehr oder weniger freien Feld scharren können, besonders gefährdet, weil sie auch infizierten Kot anderer Hennen picken können.

Bei gekachelten Ställen, die regelmäßig desinfiziert werden, scheint das Keimrisiko am geringsten. Vor Knochenbrüchen schützt die Stallhaltung jedoch nicht. Die Knochenbrüche sind Resultat der Hochleistungszüchtungen. Um die vielen Eierschalen produzieren zu können, wird den Knochen das Kalzium entzogen. Das macht die Hennen anfällig für Osteoporose und damit für Knochenbrüche. Dass bei älteren Legehennen die Schalen dünner sind, als bei jungen, führt in diesem Jahr zu besonders viel Bruch beim österlichen Eier-Ausblasen. Aufgrund der Vogelgrippe und dem damit verbundenen Transportverbot stockte der Legehennen-Nachschub und die alten Hennen mussten weiter Eier legen.

Nach Aussagen der rheinland-pfälzischen Ernährungsministerin Ulrike Höfken wünschen sich 79 Prozent der Bevölkerung in Deutschland ein staatliches Tierwohllabel und 88 Prozent der Befragten würden sogar mehr Geld für Lebensmittel ausgeben, wenn diese aus Haltungen mit höheren Tierwohl-Standards stammen.

Bislang gibt es keinerlei Vorgaben für die Tiergesundheit – weder in der Bio- noch der konventionellen Legehennenhaltung im Stall oder Freiland. Jenseits der Tierseuchen wie der Vogelgrippe gibt es auch keine Meldepflicht und somit auch keine Möglichkeit die Häufung von Erkrankungen festzustellen. Es gibt behördlicherseits keinerlei Handhabe, Haltungsbedingungen durchzusetzen, die auch der Tiergesundheit dienen.

Foodwatch, die in ihrem Legehennen-Report die Eierwirtschaft ausgeleuchtet haben, fordern jetzt, dass künftig der Gesundheitsstatus vorzuschreiben ist und auch kontrolliert werden muss. Zusätzlich zu den Vorschriften für das Haltungsverfahren sollten künftig auch Zielvorgaben für die Tiergesundheit gesetzlich festgelegt werden. Die Einhaltung dieser Zielvorgaben sollte nicht nur kontrolliert, sondern alle Kontrollergebnisse auch veröffentlicht werden. In Zukunft solle kein tierisches Produkt mehr in den Handel kommen, das von krank gehaltenen Tieren stammt.

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Source : https://www.heise.de/tp/features/Viele-Legehennen-sind-krank-und-keiner-merkt-es-3684894.html