“Warum ist der Frauenanteil in der IT-Welt eigentlich so unterirdisch niedrig?”

“Warum ist der Frauenanteil in der IT-Welt eigentlich so unterirdisch niedrig?”

Es war schon spät bei der Podiumsdiskussion des IT-Forums NordWestfalen zum Fachkräftemangel, als die junge Frau den durchweg männlichen Podiumsteilnehmern die Frage stellte, warum der Frauenanteil in der IT-Welt so niedrig ist. Aber Herbert Kuchen, Professor für praktische Informatik in der Wirtschaft an der Uni Münster, hatte sofort eine Antwort parat: “Zu meiner Studienzeit, Ende der 1970er, hatten wir einen Frauenanteil von 30% in der Informatik. Aber dann wurde der Informatik-Unterricht an den Schulen eingeführt.”

Für Kuchen ist die Sache klar: Der Informatik-Unterricht vermittelt ein völlig falsches Bild von seiner Disziplin. Dieses Bild kommt der Hacker- und Spiel-Mentalität der Jungs entgegen. Gerade, wenn nicht für jeden Schüler ein PC zur Verfügung steht, dominieren die Jungs, sie greifen sich die Tastatur und tippen drauflos, die Mädchen sitzen nur daneben und verlieren schnell das Interesse.

Dabei ist Informatik weit mehr als Programmieren, und die Unternehmen brauchen nicht nur Nerds, die Java, PHP und C++ besser sprechen als deutsch oder englisch. Cornelia Gaebert, selbst Mathematikerin, Mitbegründerin des IT-Forums und Geschäftsführerin des Softwarehauses INDAL weist darauf hin, dass vor der Programmierung das Verstehen der Kundenanforderungen und die Konzeption des Systems stehen. Informatiker müssen kommunikationsfähig sein, müssen erkennen können, was den Endanwendern und Kunden wirklich wichtig ist. Deshalb war die letzte Einstellung, die sie vorgenommen hat, eine junge Frau mit Kind, die im dualen Studium den Bachelor-Abschluss erreicht hat.

Die Mischung macht’s, am besten wäre es für die IT-Unternehmen, wenn sie Hardcore-Programmierer und Kommunikationsprofis, beide mit guter Informatik-Ausbildung, in Teams zusammenbringen können. Aber leider verlassen sie nicht im richtigen Mischungsverhältnis die Hochschulen. Es gibt viele gute Programmierer, die Scrum und Extreme Programming beherrschen, Datenbanksysteme optimieren können und alle Betriebssystem-Interna kennen. Am liebsten sitzen sie hinter zwei oder drei 21-Zoll-Monitoren an der Tastatur und kommunizieren mit ihrer Umwelt vorrangig per Email. Gebraucht werden aber Leute, die mit den Anwendern in stundenlangen Diskussionen Prozessabläufe und Anforderungen besprechen. Natürlich ist es nicht so, dass das Eine nur die Männer können und dass das Andere den Frauen vorbehalten wäre. Aber ein ausgeglichenes Verhältnis in den Projektteams ist aus vielen Gründen optimal.

Was tun? Sollte der Informatik-Unterricht an den Schulen wieder abgeschafft werden, damit den Mädchen nicht schon vor dem Abitur der Spaß an dieser Disziplin vergeht? Wahrscheinlich wäre manchmal gar kein Unterricht wirklich besser als einer, der völlig falsche Vorstellungen erzeugt und letztlich das Gegenteil von dem bewirkt, was eigentlich die Idee der Sache war. Aber besser noch wäre, wenn sich die Informatik-Lehrer an den Schulen darüber informieren würden, was Informatik in der Wirtschaft wirklich bedeutet. Da müssen allerdings auch die Unternehmer auf die Schulen zugehen. Der erste Schritt ist ja, dass eine Ursache erkannt und benannt ist – nun müssen Taten folgen.

Source : http://www.heise.de/tp/blogs/10/151009

Von : Jörg Friedrich in Telepolis > Science-News

“Warum ist der Frauenanteil in der IT-Welt eigentlich so unterirdisch niedrig?”

Längeres Pendeln ist ungesund

Räumlich und zeitlich flexibel sollen auch nach Vorstellungen der EU die Menschen in der neuen Arbeitswelt sein. Das schließt neben Umzug und viele Geschäftsreisen auch die Mobilität vor Ort ein, wenn Telearbeit noch nicht eingezogen ist und täglich mehr oder weniger lange Wege zwischen Wohnung und Arbeitsplatz zurückgelegt werden müssen. Pendeln erweitert den Einzugskreis für Arbeitgeber, Arbeitnehmer erhalten möglicherweise bessere Jobs und wohnen billiger oder schöner, aber sie zahlen dafür mit Lebenszeit – und auch mit gesundheitlichen Risiken, wie eine schwedische Studie, die im Open Access Journal BMC Public Health veröffentlicht wurde, herausgefunden haben will.

Zwar werde räumliche Mobilität gerne politisch und wirtschaftlich gefordert, so die Wissenschaftler, kaum aber werde untersucht, wie sich die damit einhergehende Verlängerung der Arbeitszeit und das Unterwegssein auf die Gesundheit der Menschen auswirkt. Um dies zu untersuchen, haben die Wissenschaftler Daten von mehr als 21.000 Menschen im Alter zwischen 18 und 65 Jahren ausgewertet, die mehr als 30 Stunden in der Woche arbeiten. Befragt wurden die Teilnehmer danach, wie sie zum Arbeitsplatz kommen und wie viel Zeit dies für eine einfache Fahrt kostet. Gefragt wurden sie auch, ob sie unter Schlafstörungen, Stress, Erschöpfung und psychischen und körperlichen Problemen und wie oft sie krankheitsbedingt nicht zur Arbeit gegangen sind. Als Vergleichsgruppe dienten Menschen, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad zur Arbeit kommen und weniger als eine halbe Stunde unterwegs sind. Durchschnittlich braucht man in Schweden 37 Minuten, um von Zuhause zum Arbeitsplatz zu kommen, das ist etwa EU-Durchschnitt. In den letzten Jahrzehnten hat sich hier wie anderswo die Zahl der Menschen vervielfacht, die mit Autos oder öffentlichen Verkehrsmitteln pendeln.

Wenig verwunderlich ist, dass es sich gesundheitlich positiv niederschlägt, wenn die Menschen mit dem Fahrrad fahren oder zu Fuß gehen – und die Wegzeit nicht mehr als eine halbe Stunde beträgt – allerdings lässt sich aus den Daten wie meist keine Kausalität ableiten. Dagegen schlägt sich negativ nieder, wenn man mit dem Auto oder den öffentlichen Verkehrsmitteln pendelt. Aber es gibt doch auch Überraschungen. Wer mit dem Bus oder dem Zug fährt, der leidet offenbar gesundheitlich stärker, wenn er länger fährt, wer hingegen selbst mit dem Auto fährt, dem geht es besser, wenn er länger als eine Stunde fährt. Dagegen sind die schlechter dran, die zwischen 30 und 60 Minuten pro einfache Fahrt aufwenden müssen.

Die Wissenschaftler können auch nicht erklären, warum längere Autofahrten angenehmer zu sein scheinen als längere Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Vielleicht können sich die Langfahrer auf den gemeinhin ruhigen südschwedischen Straßen besser entspannen, ist eine Vermutung, möglichweise handelt es sich vor allem um Männer, die gut verdienen und vom Land in die Städte fahren. Sie könnten einer Gruppe angehören, die sowieso gesünder ist, wobei auch das Leben auf dem Land selbst gesünder sein soll. Wer über eine Stunde fährt, dürfte wohl tatsächlich eher vom Land kommen und nicht ganz so unter Druck stehen wie die Kurzfahrer, die vermutlich länger im Stau stehen und nur in der Stadt unterwegs sind. Aber die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel ist selbst stressig, weil man sich hier während der Stoßzeiten in den Massen befindet, während Autofahrer immerhin einen größeren privaten Raum um sich haben und zudem der Meinung sein können, sie könnten selbstbestimmter handeln, auch wenn sie sich auf das Fahren konzentrieren können, während der Pendler in den öffentlichen Verkehrsmitteln auch lesen, surfen oder vor sich hin dämmern kann.

Source : http://www.heise.de/tp/blogs/10/150730

Von : Florian Rötzer in Telepolis > Science-News

Exoplanet umkreist zwei Sonnen

Exoplanet umkreist zwei Sonnen

Normalerweise gehen wir intuitiv oder vom Bekannten ausgehend davon aus, dass ein Stern von Planeten umkreist wird, die wie in unserem Sonnensystem jeweils zu einem Stern, dem Zengtralgestirn, gehören. Aber das muss keinesfalls so sein – und ist vielleicht auch gar nicht die Regel. Wie Astronomen mit dem Nasa-Weltraumteleskop Kepler, mit dem seit 2009 Exoplaneten aufgespürt werden, herausgefunden haben, kann ein Planet auch zwei Sterne umkreisen.

Mit Kepler werden Exoplaneten in der Größe der Erde und in der habitablen Zone nach der Transitmethode gesucht. Ziehen Planeten vor ihrem Zentralgestirn vorbei, verursachen sie Helligkeitsschwankungen, die sich mit dem Photometer messen lassen. Aus den Schwankungen lässt sich auch schließen, wie groß der Planet ist, welchen Orbit er hat und welche Masse er besitzt. Bislang wurden mit dem Teleskop 1.235 Kandidaten entdeckt, 21 Exoplaneten konnten bestätigt werden.

So könnte ein Beobachter auf dem Planeten Kepler-16b die beiden Sterne sehen, ist allerdings nur geschönte Fantasie. Bild: Nasa

Nun wurde ein Planet in Saturngröße, aber mit höherer Dichte, etwa 200 Lichtjahre von der Erde entfernt im Kepler-16-Systementdeckt, der in einem weiten Orbit in 229 Tagen um die beiden Zwergsterne kreist, wie das Wissenschaftlerteam in Science berichtet. Einer der Sterne, der deutlich hellere (A), hat 69 Prozent der Sonnenmasse, der andere, schwach leuchtende (B), nur 20 Prozent. Der Planet hat wiederum nur 1,7 Prozent der Masse des größeren Sterns. Allerdings ist in diesem Fall klar, dass es auf diesem -70 bis -100 Celsius kalten Gas-, Eis- und Felsplaneten kein Leben gibt, zumal sein Orbit auch außerhalb der habitablen Zone liegt, wo es flüssiges Wasser geben kann.

Prosaischer sieht das Kepler-16-System nach den bekannten Daten so aus. Bild: Science

Dass es solche Planetensysteme gibt, wurde zwar bereits vermutet, da die Hälfte der Sternsysteme im Weltall aus zwei oder mehr Sternen bestehen. Es wurden auch Hinweise darauf gefunden, aber bislang konnte dies nicht bestätigt werden. Mit der Entdeckung von Kepler-16b, der fast kreisförmig an den zwei Sternen vorüberzieht, wurde nun erstmals empirisch bestätigt, dass es Exoplaneten auch in Doppelsternsystemen gibt.

William Borucki, der leitende Wissenschaftler der Kepler-Mission, freut sich über die Entdeckung, denn damit gibt es eine neue Klasse von Planetensystemen, wo man eventuell Leben finden könnte: “Geht mam davon aus, dass die meisten Sterne in unserem System Teil eines Doppelsternsystems sind, dann bedeutet das, dass die Chancen, Leben zu finden, viel größer sind, als wenn Planeten sich nur um einzelne Sterne bilden können.”

Und die Nasa versucht in ihrer Mitteilung, mit der Entdeckung natürlich auch für sich selbst zu werben und lässt John Knoll von Lucasfilm verkünden, dass doch wissenschaftliche Entdeckungen sich oft als spektakulärer erweisen würden als alles, “was wir uns vorzustellen wagen”. Die Entdeckung werde Drehbuchautoren inspirieren und lasse die Menschen “größer träumen”. Die Nasa selbst wiederum hängt sich lieber an Science Fiction, also in diesem Fall an Star Wars, weil dort vor 30 Jahren bereits eine Szene auf dem Planeten Tatooine zu sehen gewesen ist, auf dem Luke Skywalker einen Sonnenuntergang von zwei Sternen beobachtet. Insofern bewerben sich Science Fiction und Weltraumbehörde gegenseitig und machen große Versprechungen oder große Töne. Gleichwohl bleibt der neue Beweis, der auch bedeutet, dass wir uns wieder einmal von einer zu einfachen Vorstellung verabschieden müssen oder dürfen.

Source : http://www.heise.de/tp/artikel/35/35504/1.html

Von : Florian Rötzer in Telepolis > Wissenschaft > Weltraum

SETI reloaded

SETI reloaded

Während rund um den Globus die Suche nach extraterrestrischer Intelligenz ohne Unterlass weiterläuft, fiel das wissenschaftliche US-SETI-Programm infolge der Haushaltskrise Kaliforniens zwangsweise in einen viermonatigen Winterschlaf. Doch dank der einmaligen Crowdfunding-Aktion SETIStars können die Forscher des SETI-Instituts in Mountain View (USA) das abgeschaltete Allen Telescope Array (ATA) in vier Wochen wieder hochfahren. Die Finanzspritze hilft dem bettlägerigen amerikanischen SETI-Patienten jedoch nur für kurze Zeit auf die Beine. Danach müssen und wollen die SETI-Verantwortlichen ihr Fundraising noch stärker intensivieren.

Falscher Eindruck

Als Mitte April dieses Jahres die internationale Tagespresse auf Print- und Online-Ebene einmütig und einstimmig die Meldung verbreitete, das SETI-Programm sei aufgrund finanzieller Engpässe vorerst komplett eingestellt, kolportierte das Gros der Medien unwissentlich und unabsichtlich eine klassische Falschmeldung. In Deutschland, das eine bunte Presse- und Verlagslandschaft pflegt, verhielt sich dies nicht anders.

Nahezu alle Zeitungen suggerierten in ihren Aufmachern und Zwischenüberschriften, dass die SETI-Projekte allesamt am Ende seien, hierunter auch die ZEIT, die abstrahierend, aber eben fehlerhaft davon berichtete, dass die “Suche nach Leben im All wegen Geldnot eingestellt” werde, was ein “Rückschlag für die Außerirdischen-Forschung” sei.

Irgendeine Galaxie im Kosmos, die dort lebende Zivilisationen aus dieser Perspektive mit großer Wahrscheinlichkeit nicht bewundern können (wie wir). Bild: NASA/JPL

Auch wenn in diesem Beitrag und in vielen anderen Artikeln der Sachverhalt einige Zeilen später differenzierter erläutert wurde und sodann nur noch die Rede vom US-SETI-Projekt und dem SETI-Institut in Kalifornien war, drängte sich dennoch beim Großteil der Leser unweigerlich der Eindruck auf, dass rund um dem Globus kein einziges professionelles Wissenschaftlerteam mehr nach intelligenten Funksignalen Ausschau hält.

SETI in Argentinien und Australien

In Verkennung der Tatsache, dass SETI (Suche nach außerirdischer Intelligenz) – obwohl in den USA geboren und dort zur stattlichen Größe herangereift – kein reines amerikanisches Projekt und folglich nicht allein für US-Wissenschaftler reserviert ist, vergaßen viele Journalisten und Redakteure offensichtlich, dass in anderen Ländern respektive auf anderen Kontinenten die wissenschaftliche Suche nach hochstehenden Zivilisationen nach wie vor fortgesetzt wird.

Unbeeindruckt von den Finanznöten in der USA horcht beispielsweise Guillermo A. Lemarchand vom Institut für Radioastronomie in (der Nähe von) Buenos Aires (Argentinien) schon seit 1992 im Rahmen des META-II-SETI-Projekts unermüdlich ins All – bis heute.

Ihm und dem Southern Hemisphere SETI Survey in Argentinien zollt vor allem die Grande Dame des US-SETI-Programms und aktuelle Direktorin des Center for SETI Research, Jill Tarter, größten Respekt: “Es ist beeindruckend: Argentinien ist immer noch am Start.”

Allen Telescope Array (ATA). Bild: SETI

Keineswegs die Segel gestrichen oder die Nase gestrichen voll in Bezug auf SETI hat auch Ragbir Bhathal von der University of Western Sydney in Campbelltown (Australien). Zusammen mit zwei Mitarbeitern tastet er nunmehr seit knapp zwölf Jahren im Rahmen des OZSETI-Projekts (Optical SETI in Australia) den Südhimmel nach künstlich erzeugten, extrem kurzen Laserpulsen im sichtbaren, im ultravioletten und im nahen Infrarotbereich ab.

Ich beobachte immer noch den südlichen Nachthimmel und werde dies auch weiterhin tun. Wir wollen uns demnächst sogar ein größeres Teleskops zulegen.

Ragbir Bhatal gegenüber Telepolis

Eine Welt ganz nach dem Geschmack von SETI, vor allem dann, wenn hierauf intelligente, technologisch interessierte Lebensformen existieren sollten, die "senden". Bild: NASA/ESA

SETI Italia und SETI League

15.000 Kilometer weiter westlich operieren Astronomen der SETI-Italia-Gruppe schon seit vielen Jahren mit der 32-Meter-Antenne von Medicina, um aus dem Rauschen im kosmischen Äther eine intelligente Botschaft zu destillieren.

SETI Italia basiert auf dem Prinzip der parasitären Suchweise. Um die kostbare Beobachtungszeit des Medicina-Teleskops nicht extra in Anspruch zu nehmen, montierten die Forscher ein Zusatzinstrument in Gestalt einer Black Box an die Radioschüssel.

SETI-Italia-Team und im Hintergrund die 32-Meter-Schüssel von Medicina. Bild: SETI Italia

Während die Kollegen ihre “all-alltägliche” Routinearbeit verrichten, kann die SETI-Italia-Crew dank des billigen und platzsparenden Huckepackverfahrens parallel nach extraterrestrischen Radiobotschaften intelligenter Natur fahnden. Dass SETI Italia trotz allen Unkenrufen noch leibt und lebt, beweist der Anfang März dieses Jahres einberufene “Italian SETI Congress” (ItaSETI.con 2011), an dem die wichtigsten SETI-Enthusiasten Italiens teilnahmen, unter ihnen der unverwüstliche Claudio Maccone, seines Zeichens italienischer Astronom und SETI-Forscher vom Centre for Astrodynamics in Turin.

Bei alledem sollten auch die engagierten und weltweit verstreuten Hobbyforscher und Profis der SETI League nicht vergessen werden, die zuweilen auf Selbstkostenbasis und in Eigenregie nach extraterrestrischer Intelligenz fahnden, trotz allem aber über ein enormes technisches Know-how und Equipment verfügen und miteinander kooperieren, bisweilen ihre Antennen sogar kombinieren.

Unermüdliche Jill Tarter

Am liebsten würden auch die amerikanischen Astronomen und Exobiologen des SETI-Instituts in Kalifornien umgehend die 42 Radioschüsseln des Allen Telescope Array für eine kontinuierliche SETI-Observation wieder zusammenschalten, die am 15. April notgedrungen abgeschaltet wurden, weil der Bundesstaat Kalifornien, die Universität von Kalifornien und die US-Fördermittelbehörde National Science Foundation (NSF) ihre Zuschüsse kurzfristig eingestellt hatten.

Jill Tarter (Aufnahme vom Juni 2011). Bild: Erhard Mutz

Nach der unfreiwilligen viermonatigen Zwangspause hat der Frustrationspegel der Verantwortlichen ungeahnte Höhen erreicht. “Die Situation ist für uns sehr deprimierend. Wir müssen ATA schnellstens aus dem Winterschlaf holen”, fordert die weltweit bekannteste SETI-Wissenschaftlerin, Jill Tarter, deren Part Jodie Foster seinerzeit in dem vielbeachteten Kinofilm “Contact” spielte.

Die 67-jährige Radioastronomin reist seit Jahren unermüdlich von Stadt zu Stadt, Land zu Land und Kontinent zu Kontinent, um den Menschen nicht nur ihre Arbeit und den Sinn von SETI nahezubringen, sondern zeitgleich auch Spendengelder einzutreiben. Hierbei gelingt es ihr nicht immer, das gewünschte Resultat zu erzielen. Doch von Pessimismus und Resignation ist bei Tarter keine Spur.

Bild: SETI

Anstatt Trübsal zu blasen, startete sie mit ihrem Team am 21. Juni das Projekt SETIStars, bei dem private Investoren via Internet dazu geladen wurden, sich von ihrer spendenfreudigen Seite zu zeigen.

Effektives Crowdfunding

Wenngleich die SETI-Forscher die von ihnen selbst auferlegte Vorgabe, binnen vier Wochen 200.000 Dollar an privaten Spendengelder aufzutreiben, fristgerecht nicht ganz erfüllen konnten (innerhalb eines Monats gingen immerhin 184.000 Dollar auf das SETIStars-Konto ein), erreichten sie dennoch in 45 Tagen das erwünschte Resultat.

Derweil haben um die 2544 Stars bzw. Spender 222.725 Dollar in die verwaiste SETI-Kasse gespült. Hätte es jemals eines Beweises bedurft, dass Crowdfunding als pekuniäre Variante der Schwarmintelligenz in der Praxis wirklich funktioniert, dann hat SETIStars dies eindrucksvoll bewerkstelligt.

Seth Shostak. Bild: SETI

Schließlich stehen dank besagter Initiative nunmehr die Zeichen gut, dass der operative Betrieb der Anlage im nächsten Monat wieder aufgenommen werden kann. “Wir arbeiten zurzeit daran, die ATA-Teleskope Mitte September wieder hochzufahren. Wenn keine unvorhersehbaren Hindernisse auftauchen, geschieht dies auch”, erklärt der Non-Profit- und Fundraising-Spezialist Tom Pierson vom SETI-Institut.

Noch mehr Geld muss her

Vorerst ist unklar, wie lange SETIStars weiterlaufen soll. Wie Pierson diesem Magazin bestätigt, sucht SETI weiterhin nach anderen Optionen, um den Fundraising-Prozess nicht nur in Gang zu halten, sondern auch zu optimieren.

Wir wollen das Fundraising-Konzept SETIStars mit anderen Ressourcen verknüpfen und hoffen zunächst einmal, bis zum Ende dieses Jahres online zu bleiben. Um die Kosten für das Jahr 2012 komplett zu decken, wollen wir während dieses Zeitraums erfolgreich neue Geldquellen erschließen – ob diese nun von Spendern und anderen Partnern kommen.

Seth Shostak, der unerbittliche Optimist und Chefastronom des SETI-Instituts, ist sich darüber im Klaren, dass die bislang aufgetriebenen Gelder nicht ausreichen, um die jährlich anfallenden Kosten von 2,5 Millionen Dollar zu decken.

Ich denke, das Beste wird wohl sein, wenn wir das gegenwärtige SETIstars-Fundraising-Konzept mit den Einnahmen der U.S. Air Force kombinieren, sofern diese das Allen Telescope Array für ihre Satelliten- und Weltraummüll-Beobachtung auch nutzen wollen. Langfristig müssen wir auf jeden Fall weiter daran arbeiten, noch mehr private Spendengelder einzutreiben.

“Wir behalten uns das Recht vor, klüger zu werden”
Ein Gespräch mit der Grande Dame der SETI-Forschung, Jill Tarter.

Source : http://www.heise.de/tp/artikel/35/35299/1.html

Von : Harald Zaun in Telepolis > Wissenschaft > Weltraum