Maximalerfolg für die Piraten

Maximalerfolg für die Piraten

Gestern waren in Berlin etwa 2,5 Millionen Wahlberechtigte aufgerufen, ihre Stimmen abzugeben – mehr als in den meisten ostdeutschen Bundesländern oder in Schleswig-Holstein. Das Ergebnis zeigt, dass immer weniger davon bereit sind, diese Stimme für fünf Jahre abzugeben und dann darauf zu hoffen, dass die gewählte Partei ihre Versprechen erfüllt. Sie wählten die Piratenpartei, für die Direkte Demokratie ein zentrales Anliegen ist.

Die Piraten schafften es aus dem Stand auf 8,9 Prozent und ziehen mit allen 15 aufgestellten Piraten in das Abgeordnetenhaus ein. Eine wichtige Rolle dabei spielte anscheinend ihr Offline-Wahlkampf: Die Plakatmotive und -slogans von “Warum häng ich hier eigentlich, ihr geht ja eh nicht wählen” bis hin zum ironisch verwendeten Adenauer-Schlachtruf “Keine Experimente!” wurden zum Medienthema, das (getreu dem Motto “Vertrau keinem Plakat – Informier Dich!”) im Schlepptau Piratenthemen aufs Tablett brachte, die offenbar auch Wähler über die IT-Welt und die Jugend hinaus ansprachen.

Trotz der Unisono-Kommentare aus anderen Parteien, dass es sich bei diesem Ergebnis um eine “Protestwahl” gehandelt habe, waren es gerade die Piraten, die den am stärksten inhaltlich orientierten Wahlkampf führten. Während die CDU weitgehend frei interpretierbare Werbesprüche wie “Damit sich was ändert” und (gleichzeitig) “Damit Steglitz-Zehlendorf so bleibt wie es ist” plakatierte, warteten sie mit konkreten Forderungen wie der auf, dass Wohnungen vor einem Verkauf erst den Mietern angeboten werden müssen. Zum Erfolg beigetragen haben dürften aber auch klassische Themen wie die Vorratsdatenspeicherung oder die Leistungsschutzrechtsverlängerung für Musikkonzerne, die am letzten Montag im EU-Ministerrat unter weitgehendem Ausschluss der Öffentlichkeit beschlossen wurde und an der Politiker aller etablierten politischen Richtungen beteiligt waren.

Diese klassischen Themen wurden in der Fernsehanalyse des Erfolgs der Piraten praktisch vollständig ausgespart. Trotzdem wird man sich beispielsweise innerhalb der Linkspartei, die mit 1,7 Prozentpunkten Verlust und einem Ergebnis von 11,7 Prozent aus der Regierung flog, Gedanken darüber machen, ob man mit einer von der Nähe zur Gewerkschaft Verdi bestimmten Internet-Politik in Zukunft noch weitere Verluste zugunsten der Piratenpartei hinnehmen muss.

Die Grünen, die mit 17,6 Prozent zwar einem Zugewinn in Höhe von 4,5 Prozentpunkten verbuchen können, aber trotzdem enttäuscht sind, weil ihnen im Frühjahr noch ein deutlich höheres Ergebnis zugetraut wurde, könnten Gewissenserforschung dazu betreiben, ob sie Inhalte wie die Gegnerschaft zu einer Totalüberwachung der elektronischen Kommunikation aller Bürger oder zu Netzsperren zukünftig so bedenkenlos Koalitionsabkommen opfert wie in Nordrhein-Westfalen.

Und die FDP, die mit einem Verlust von 5,8 Prozentpunkten und einem Ergebnis von nur mehr 1,8 Prozent ihren Fraktionssaal für die Piraten räumen muss, darf sich fragen, ob eine Schärfung des bürgerrechtlichen Profils ihren drohenden Untergang aufhalten kann, den Helmut Schmidt einmal als “Akt der politischen Hygiene” herbeisehnte. Das denken offenbar auch Anhänger der Titanic-Partei, die gestern die Wahlparty der FDP “kaperten” und hinter den betretenen Gesichtern der Berliner Liberalen lautstark in die Kameras jubelten.

Aber auch die nur mehr 28,3 Prozent starke SPD, von der die Piratenpartei einer ZDF-Analyse zufolge fast 20 Prozent ihrer Wähler holte, muss sich Vorwürfe gefallen lassen, dass ihr Verlust in Höhe von 2,5 Prozentpunkten möglicherweise auch von dem Versuch herrührt, das Immaterialgüterrecht lobbygerechter zu gestalten, als die CDU dies plant.

Die wiederum durfte sich gestern zwar über einen Zugewinn in Höhe von 2,1 Prozent und 23,4 Prozent der Wählerstimmen freuen, muss sich aber angesichts der Altersstruktur ihrer Wähler große Sorgen machen, dass sie in Zukunft massiv an Bedeutung verliert. Unter anderem deshalb, weil sich mit der Unionsabspaltung Die Freiheit eine zweite Partei sammelt, die den Wählern mehr Volksabstimmungen verspricht und darüber hinaus mit Islamkritik für sich wirbt. Sie scheiterte gestern mit etwa einem Prozent der Wählerstimmen, hat aber möglicherweise dann größere Chancen, wenn es in einem Bundesland keine Konkurrenz von rechts antritt, wie dies in Berlin der Fall war.

Source : http://www.heise.de/tp/artikel/35/35515/1.html

Von : Peter Mühlbauer in Telepolis > Politik

Auch der Gang in die Realpolitik schadet den Grünen nicht

Auch der Gang in die Realpolitik schadet den Grünen nicht

Auch nach dem neuesten stern-RTL-Wahltrend klettern die Grünen weiter nach oben und scheinen sich allmählich als zweigrößte Partei neben der Union zu etablieren. Sie kommen nun auf 28 Prozent, die Union liegt nur bei 31 Prozent. Da könnte sogar ein Überholen noch drin sein. Schließlich haben selbst Regierungsbeteiligungen in Baden-Württemberg und in Rheinland-Pfalz der Popularität der Grünen (noch) nicht geschadet.

In Baden-Württemberg, wo die Grünen den Ministerpräsidenten stellen und die SPD zum wenn auch knapp kleineren Koalitionspartner wurde, hätten die Grünen in einer stern-Umfrage von Forsa sogar noch weiter gepunktet und würden jetzt auf 30 Prozent kommen, fast 6 Prozent mehr als bei der Wahl. Alle anderen Parteien hätten Einbußen erlitten, die FDP hätte nicht in den Landtag einziehen können.

SPD, Linke und FDP machen hingegen auch bundesweit einen kläglichen Eindruck. Die Linken haben nicht nur Pech mit ihrem Personal, es scheinen ihnen auch die Themen auszugehen, mit denen sie die Menschen erreichen können. Sie verlieren um einen Punkt und erzielen nur noch auf 8 Prozent, Tendenz vorerst weiter nach unten. Der SPD hilft das nicht, sie rutscht auf 21 Prozent zurück. Ebenso wie bei der FDP gelingt den Sozialdemokraten weder personell noch thematisch eine Neuaufstellung. Das Parteiausschlussverfahren gegen Sarrazin endete entsprechend. Die Forderung nach Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung und Weiterführung des Anti-Terror-Pakets sendet auch das falsche Signal. Der FDP scheint nichts mehr zu helfen, obgleich Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger beeindruckend und mutig die Tradition als Bürgerrechtspartei fortzusetzen sucht, aber die Partei wird geprägt von der politisch schwachen, nur wirtschaftsliberalen Westerwelle-Riege, der Austausch von Westerwelle durch Rösler ändert daran nichts.
Florian Rötzer
Source : http://www.heise.de/tp/blogs/8/149784

Erneuerbare Energien brauchen erneuerbare Regierungen

Erneuerbare Energien brauchen erneuerbare Regierungen

Liebe Angela Merkel, viele konservative Politiker sagen jetzt, “Japan” sei schuld am Wahlausgang in Baden-Württemberg. Die Wahrheit ist, dass längere Laufzeiten für deutsche AKW nicht in Japan, sondern in Berlin beschlossen wurden. Realisten haben schon immer mit dem atomaren Restrisiko rechnen müssen, das wir jetzt auf so grauenvolle Weise erleben.

2004 – Sie waren Oppositionsführerin im Bundestag – diskutierten wir beide über Atomenergie. Wir stimmten darin überein, dass ein GAU oder Super-GAU nur selten vorkomme, aber dann das Leben von Millionen Menschen gefährdet sei. Einen Sechser im Lotto gibt es auch nur in der Relation 1: 137 Millionen mal. Aber es gibt ihn bekanntlich fast in jeder Woche, weil sich viele beteiligen. Das heißt: Je mehr AKW laufen, desto sicherer wird ein GAU oder Super-GAU. Ihr Parteifreund Günther Oettinger hat jetzt gesagt: “Japan war undenkbar.” Dann hat der EU-Kommissar eben nicht genug gedacht! Frank Schirrmacher in der FAZ: “Selbst die sichersten Atomkraftwerke der Welt sind nicht sicher.” Das ist jetzt wohl sicher.

2007 war ich zusammen mit Hermann Scheer – dem Träger des Alternativen Nobelpreises, Vater des Erneuerbaren-Energien-Gesetztes und erfolgreichsten Solarpolitikers der Welt – bei Ihnen im Kanzleramt. Scheer bat Sie, sich zu engagieren für eine Internationale Agentur für Erneuerbare Energien. Das taten Sie und brachten schon 2009 143 Regierungen dazu, die IRENA (International Renewable Energy Agency) zu gründen. Das ist Ihre große internationale Leistung für die Erneuerbaren. Der Sozialdemokraft Hermann Scheer und ich waren beeindruckt von Ihrer Tatkraft für die nachhaltigen Ökoenergien. Dafür bin ich Ihnen immer dankbar.

2009 haben Ihnen die Verbände der Erneuerbaren Energien eine Studie überreicht, die aufzeigt, dass Deutschland bis 2020 bereits 47 % seines Stroms ökologisch erzeugen kann. Ihre überraschende Reaktion: “Aus meiner Zeit als Umweltministerin weiß ich, dass ihre Prognosen nicht nur immer eingetroffen sind, sondern übertroffen wurden.” Selbst Greenpeace und die Grünen haben das schnelle Wachstum der Ökoenergien lange unterschätzt, weil sie nicht an die gesellschaftliche Dynamik neuer zukunftsfähiger Technologien glauben wollten. Die großen Energieversorger überschätzten in derselben Weise ihre fossil-atomaren alten Energieträger. Warum aber haben Sie, liebe Angela Merkel, die es besser wusste, längere Laufzeiten für AKW gewollt? Warum nur?

Warum wurde unter Ihrer und Helmut Kohls Führung die Partei mit dem hohen C so dogmatisch atomgläubig? Ich bin wegen der Atompolitik der CDU 1988 aus der Partei ausgetreten, weil ich als Christ und Humanist das atomare Glücksspiel nach Tschernobyl vor meinem Gewissen nicht mehr verantworten konnte. Tschernobyl wurde mein Damaskus.

Atomenergie ist keine Brücke ins Zeitalter der Erneuerbaren, sondern eine Barriere

Was also jetzt tun? Lassen Sie sich jetzt wieder von Hermann Scheer inspirieren. Er hat uns kurz vor seinem Tod im vergangenen Herbst mit seinem Buch “Der energethische Imperativ – 100% jetzt – Wie der vollständige Umstieg auf erneuerbare Energien zu realisieren ist” ein kostbares politisches Vermächtnis hinterlassen. Er zeigt darin, dass und wie Deutschland und Europa bis 2030 komplett auf Erneuerbare umsteigen können – ganz konkret und praktisch und unwiderlegbar. Die ethische Frage ist spätestens durch Tschernobyl und durch Scheers Buch beantwortet: Atomtechnik ist ein Anschlag auf die Schöpfung. Atomenergie ist keine Brücke ins Zeitalter der Erneuerbaren, sondern eine Barriere. Schon heute müssen an manchen Tagen Windräder und Solaranlagen abgeschaltet werden, weil die Netze den vielen Strom nicht mehr aufnehmen können.

Der Philosoph Günther Anders hat schon am Beginn des Atomzeitalters gesagt: “Was alle treffen kann, betrifft alle.” Unser Problem ist, dass wir uns oft nicht mehr vorstellen, was wir mit heutigen Großtechnologien anstellen. Millionen Menschen sehen jedoch die Atomenergie jetzt als das, was sie schon immer war: als schöpfungswidrig. Nach Harrisburg, Tschernobyl und Fukushima müssen wir ein 11. Gebot lernen: Du sollst den Kern nicht spalten! Die politische und die wissenschaftliche Klasse dürfen nicht länger glauben, dass wir jede Großtechnologie fest im Griff haben. Im Zweifel hat diese uns im Griff.

Die alten religiösen Fragen bekommen im Atomzeitalter eine ganz neue Dimension. Religiös sein heißt heute, die Heiligkeit des Lebens und der Schöpfungsordnung achten. Die Erhaltung des Lebens ist eine urkonservative Aufgabe nachdem wir am Abgrund der selbstgebastelten atomaren Hölle ratlos und hilflos angelangt sind wie uns die Fernsehbilder aus Japan seit Wochen beweisen. Wann je haben wir ausgerechnet “Experten” so inkompetent und so hilflos gesehen wie in diesen Tagen! Die Angst von Millionen Menschen zeigt aber, dass unsere Instinkte gegenüber realen Gefahren noch funktionieren. Angst vor der Atomgefahr ist keine Feigheit, sondern funktionierender Überlebensinstinkt, der auch in Wahlen zum Ausdruck kommt.

Machbarkeit ist kein Gott, sondern ein Götze! Atomtechnik, Schnelle Brüter, Wiederaufarbeitungsanlagen sind keine “Spitzentechnologien”, sondern Todesfallen. Jedes außer Kontrolle geratene AKW ist eine potentielle Atombombe. Plutonium ist in jeder Dosis schädlich. Es hat eine physikalische Halbwertzeit von 24.000 Jahren. Dagegen ist die Halbwertzeit des menschlichen Gedächtnisses sehr kurz. Wie soll solche “Spitzentechnologie” je verantwortbar sein? Dieser Machbarkeitswahn ist schlicht Größenwahn! Christlich gesprochen: Eine Gotteslästerung!

Mit dem Chef der Aufräumarbeiten in Tschernobyl, dem Atomphysiker Professor Wladimir Tschernousenko, war ich befreundet. Er war über Jahrzehnte ein glühender Anhänger der Atomenergie. Der Super-GAU aber hat auch ihn verstrahlt und zum Atomgegner werden lassen. In einem Fernsehinterview habe ich ihn gefragt, wie sicher die deutschen AKW seien. Er hatte sie alle besucht. Sein Antwort: ” Sie sind sicherer als die russischen. Das aber heißt, dass sie etwas später explodieren werden.” Wir könnten wissen, dass es nie sichere AKW gab, nicht gibt und niemals geben wird.

Man kann ein Problem nicht dadurch lösen, dass man ein anderes schafft

AKW sind auch keine Antwort auf den Klimawandel. Man kann ein Problem nicht dadurch lösen, dass man ein anderes schafft. Der strahlende Atommüll belastet tausend Generationen nach uns.

Die erneuerbaren Energien sind weitgehend ungefährlich, bei massenhafter Produktion der Technik auch preiswert und den Stoff gibt es umsonst. Sonne, Wind und Wasser schicken keine Rechnung. Es sind Geschenke des Himmels. Diese umweltfreundlichen Rohstoffe stehen für alle Zeit zur Verfügung. Eine Solaranlage ist in drei Tagen, ein Windrad in drei Wochen und eine Biogasanlage in drei Monaten errichtet. Worauf warten wir denn noch?

Millionen Dächer stehen allein in Deutschland noch immer umsonst in der Gegend herum. Und wir holen teures Öl aus Arabien, Gas aus Sibirien und Uran aus Australien für jährlich etwa 80 Milliarden Euro hierher. Moderne Energieversorgung kann wesentlich intelligenter, preiswerter und umweltfreundlicher mit heimischer Energie organisiert werden. Allein die Sonne schickt uns theoretisch 15.000mal mehr Energie auf diese Erde, als alle Menschen zurzeit verbrauchen. Der Wind 308mal mehr und die Wellen- und Strömungsenergie 76mal mehr. Hinzu kommen die Wasserkraft, die Bioenergie und die Geothermie. Es fehlt nicht an erneuerbarer Energie, aber die Zeit wird im Angesicht des Klimawandels immer knapper.

Die Deutschen haben nach dem Zweiten Weltkrieg innerhalb von etwa 10 Jahren das von der ganzen Welt bestaunte Wirtschaftwunder geschafft. Und innerhalb von 20 Jahren soll heute der Umstieg auf 100 % Erneuerbare nicht möglich sein? Diese Behauptung ist eine Beleidigung jedes deutschen Ingenieurs. Deutsche Techniker sind bereits Technologieführer bei Sonnenenergie, Windkraft und Biogas-Anlagen.

Richtig ist, dass wir noch Netze, Speicher und Leitungen brauchen. Das schafft Arbeit und Arbeitsplätze in Zukunftstechnologien. Pumpspeicher-Kraftwerke, Druckluftspeicher-Kraftwerke, Kombi-Kraftwerke mit Biogasanlagen, Windrädern und Solaranlagen, solar erzeugter Wasserstoff, die Kombination von Wasserkraft und Windparks, aber auch zehntausende Elektro-Autos, die miteinander vernetzt sind und Kraft-Wärme-Kopplung – so heißen die Speichertechnologien von morgen. An vielen Orten wird an effizienteren Batterien geforscht. Und Bioenergie, Wasserkraft, Wellenenergie und Erdwärme sind von Natur aus gespeichert und speicherbar. Schon 2012, sagt Deutschlands größter Solarkonzern Solarworld, ist Solarstrom in jedem Keller über eine Batterie speicherbar. Die Lösungen sind bekannt.

Von der Atomkanzlerin zur Solarkanzlerin

Wir können heute ein ökologisches Wirtschaftswunder mit Millionen neuen, zukunftsfähigen Arbeitsplätzen organisieren. Die Probleme einer dauerhaften fossil-atomaren Energieversorgung sind hingegen grundsätzlich nicht lösbar. Schon deshalb, weil die alten Rohstoffe allesamt zu Ende gehen.

Eine dezentrale Energiestruktur, getragen von vielen neuen Stadtwerken, Millionen Hausbesitzern, hunderttausenden Mittelständlern, Handwerkern und Bauern braucht weniger Leitungen als die heutigen zentralen Strukturen. Windräder auch im Süden sind preiswerter als lange Leitungen für Windstrom von Nord nach Süd. Wir müssen im Süden nur 20 Meter höher mit den Windmühlen und haben dann Windverhältnisse wie an der Küste. Gestalten Sie, Frau Merkel, die Energiewende nach dem Subsidiaritätsprinzip der katholischen Soziallehre, also von unten nach oben. Dies wäre beste CDU-Tradition.

Bis 2017, so hat das Bundesumweltamt ausgerechnet, können in Deutschland alle AKW abgeschaltet werden. Das Motto Ihrer ersten Regierungserklärung, liebe Angela Merkel, hieß: “Mehr Freiheit wagen.” Also, machen Sie jetzt eine Energiepolitik nach dem schönen Motto “Bürger – zu Sonne, zur Freiheit”. Erneuerbare Energien brauchen allerdings erneuerbare Regierungen.

Der Tod ist ein Meister aus Deutschland. Die Kernspaltung wurde hierzulande entdeckt. Von einer Frau (Lise Meitner), einer Physikerin, in Berlin! Leider waren Sie im letzten halben Jahr Atomkanzlerin. Aber jetzt haben Sie die wohl einmalige Chance zur Solarkanzlerin zu werden. Eine Frau, eine Physikerin, in Berlin! Das ist die Chance Ihrer jetzigen Krise.

Sonnige Grüße

Ihr Franz Alt

Erschienen bei Telepolis am 4.4.2011

Der bekannte Journalist und erfolgreiche Autor Franz Alt, der 1988 aus der CDU ausgetreten ist, weil die Partei nach der Katstrophe von Tschernobyl an der Atomenergie festhielt, tritt seit langer Zeit für die Energiewende ein und berichtet darüber auf seiner Webseite Sonnenseite. Bekannt und einflussreich wurde der bekennende Christ Franz Alt während seiner Tätigkeit als Leiter des politischen Magazins Report (1972-1992). Ab 1992 leitete er im SWR die Redaktion Zeitsprung, ab 1997 das Magazin “Quer-Denker” in 3SAT und bis 2003 das Magazin Grenzenlos ebenfalls in 3SAT. Seitdem schreibt er Gastkommentare und Hintergrundberichte in zahlreichen Zeitungen, betreibt seine Webseite, hält Vorträge und schrieb zahlreiche Bücher, darunter zuletzt “Krieg um Öl oder Frieden durch die Sonne (2002), “Wege zur ökologischen Zeitenwende” (mit Rudolf Bahro und Marko Ferst, 2002), “Eine bessere Welt ist möglich” (mit Rosi Gollmann und Rupert Neudeck, 2005), “Sonnige Aussichten. Wie Klimaschutz zum Gewinn für alle wird” (2008) und zuletzt “Gute Geschäfte. – Humane Marktwirtschaft als Ausweg aus der Krise (2009).