Zahl der Priesterbewerber ging um die Hälfte zurück

Zahl der Priesterbewerber ging um die Hälfte zurück

Wie der Frankfurter Theologieprofessor Bernhard Emunds auf der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Regensburg offenbarte, sank die Zahl der Interessenten für das Priesteramt in den letzten fünfzehn Jahren um etwa die Hälfte. Dass die der Theologiestudenten insgesamt im selben Zeitraum stabil blieb, liegt daran, dass mehr Deutsche Religionslehrer werden wollten. Diese dürfen im Gegensatz zu Priestern auch weiblichen Geschlechts sein und heiraten.

Bei den katholischen Bistümern in Deutschland fand sich niemand, der dazu Stellung nehmen wollte, inwieweit der Bewerberschwund mit den Maßnahmen gegen pädophile Priester zusammenhängen könnte. Die leitete man ein, nachdem bekannt wurde, dass Kindsmissbrauch in katholischen Einrichtungen ein Massenphänomen war. Alleine in den letzten beiden Jahren machten Fälle aus den Bistümern Aachen, Augsburg, Bamberg, Berlin, Dresden-Meißen, Eichstätt, Erfurt, Essen, Freiburg, Fulda, Hamburg, Hildesheim, Köln, Limburg, Mainz, München-Freising, Münster, Osnabrück, Paderborn, Passau, Regensburg, Rottenburg-Stuttgart, Speyer, Trier und Würzburg Schlagzeilen. In diesem Zusammenhang erklärte sich die Kirche bereit, Opfern bis zu 5.000 Euro Entschädigung zukommen zu lassen. In Einzelfällen kann diese Summe auch höher ausfallen: Der 50-jährige Maler Rainer Baldau, der in einem Heim regelmäßig von einer Nonne gezwungen wurde, an sadistischen Inszenierungen mitzuwirken, bekam unlängst 13.000 Euro zugesprochen.

Der Priestermangel wirkt sich mittlerweile auch auf die Versorgung der Anhängerschaft mit Ritualen aus. In manchen ländlichen Gemeinden bildeten sich deshalb nach der Verrentung eines Priesters ohne Neubesetzung der Stelle Initiativen, die sonntags Gebetsfeiern ohne Kommunion abhalten. In Augsburg untersagte Bischof Konrad Zdarsa die Benutzung von Kirchen durch solche von Laien veranstalteten “Wortgottesdienste”, was zu Unmut bei alten Menschen führte, die häufig nicht mobil genug sind, um in weiter entfernte Kirchen zu fahren, in denen es noch Pfarrer gibt.

Source : http://www.heise.de/tp/blogs/6/151539

Von Peter Mühlbauer in Telepolis > Kultur und Medien-News

Zahl der Priesterbewerber ging um die Hälfte zurück

Der Blogger und der Kardinal

Der Kardinal von Köln pflegt bekanntlich zur Sexualität ein eher theoretisches Verhältnis, dies jedoch mit großer Leidenschaft. Ungefragt kommentiert der eminente Herr Meisner seine bizarren Beobachtungen fleischlichen Treibens jenseits seiner Kölner Bahnhofskapelle. Besonderes Interesse entfaltet seine Eminenz an ungeborenem Leben sowie vor allem an in seiner Stadt besonders häufigen gleichgeschlechtlichen Partnerschaften, die er mit deftigen Worten zu geißeln pflegt. Das Interesse des Klerikers an diesen Themen ist verständlich, gehört er doch einem Staat an, der als Bürger nur unverheiratete Männer akzeptiert, zum Selbsterhalt mangels eigener Sexualpraxis also auf Immigranten angewiesen ist. Zu den Glanzleistungen des Theologen zählten ein Nazi-Vergleich bzgl. des Biologen Richard Dawkins sowie der Entzug der Lehrerlaubnis bei einem Kollegen, der seine Homosexualität öffentlich machte.

Wenn es um das Austeilen geht, ist seine Eminenz nicht schüchtern. Umgekehrt hält der Kirchenfürst jedoch wenig davon, bei Schelte auch die andere Wange hinzuhalten. So war sein Bistum 2005 gegen diverse Politiker und Kabarettisten vorgegangen, die den Kleriker als „Hassprediger“ schmähten. Aufgrund Wegfalls von Spanischer Inquisition und wirksamer Zensurinfrastruktur etc. mussten die Gottesmänner damals vor ein weltliches Zivilgericht zu ziehen. (Wenn umgekehrt Bischöfe auf der Kanzel Unsinn reden, ist das übrigens Verwaltungstätigkeit.)

Im Jahre des Herrn 2011, im Juni, fiel seiner Eminenz beim Googlen nach neuen Offenbarungen dann fast der Hirtenstab aus der Hand: Ein apokalyptischer Schockwellenreiter hatte sich von Meisners Bezeichnung von Abtreibung als „Super-GAU“ provozieren lassen und bei seiner Kritik am Kardinalfehler darauf angespielt, dass ausgerechnet die Geistlichen für ihre Stoßgebete bisweilen ihre minderjährigen Weltlichen ins Schoßgebet nähmen. Die konkrete Wortwahl des empörten Schockwellenreiters geriet eine Spur direkter. Unter seiner Mitra standen seiner gekränkten Eminenz die verblieben Haare zu Berge. Da eine Beichte des Schockwellenreiters ob des Frevels nicht zu erwarten war und die Ungeheuerlichkeit keinen Aufschub bis zum jüngsten Gericht duldete, bemühte der Erzbischof die weltliche Justiz.

Seine Eminenz unterzog sich jedoch nicht dem beschämenden Gang zum Zivilgericht, wohl deshalb, weil die Kollektivbeleidigung den Theologen nicht hinreichend konkret würdigte. Stattdessen läutete der Kleriker die ganz dicken Glocken und brachte die Berliner Staatsanwaltschaft wegen „Gotteslästerung“ in Stellung, genauer: wegen des Verdachts auf Verstoß gegen § 166 StGB, der die „Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen“ unter Strafe stellt. Ausreichend wäre bei § 166 StGB schon die Beschimpfung der Gebräuche einer Religionsgemeinschaft. Und gewisse Gebräuche in Kirchenkreisen hatte der Blogger nun einmal beschimpft.

Liest man die Vorschrift allerdings mit etwas weniger Schaum vor dem Mund, so entdeckt man die Voraussetzung, dass die Beschimpfung „geeignet sein muss, den öffentlichen Frieden zu stören“. Da hatte sich seine Eminenz dann wohl doch ein wenig weit aus dem Domfenster gelehnt, denn des Schockwellenreiters Worte hatten bislang weder den Ausbruch einer Revolution zur Folge, noch einer weiteren Reformation und störten allenfalls Kirchenleute bei öffentlich-friedlichem Missbrauch. Eine Eignung zur Friedensgefährdung vermochte das Amtsgericht Tiergarten nicht zu erkennen und lehnte daher die Eröffnung eines Hauptverfahrens ab. Die Diskussion um den „Missbrauch in der katholischen Kirche“ und die in den letzten beiden Jahren bekannt gewordenen zahlreichen Fälle hätten bereits das Vertrauen erschüttert. Da konnte dann ein Blogger auch nicht mehr nennenswert den Frieden gefährden.

Source : http://www.heise.de/tp/blogs/6/151404

Von : Markus Kompa in Telepolis > Kultur und Medien-News

Siehe auch : http://www.daisymupp.net/2011/11/schockwellenreiter-mit-blasphemieparagrafen-angeklagt/

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Schockwellenreiter mit Blasphemieparagrafen angeklagt

Der “Schockwellenreiter” Jörg Kantel ist einer der ersten deutschen Blogger und ein Freund klarer Worte. Am 29. Juni verwendete er im Rahmen einer Meldung dazu, dass der Kölner Kardinal Joachim Meisner die Abtreibung als “täglichen Super-GAU” bezeichnete, einen kindsmissbrauchs- und mitgliedermanipulationskritischen Kraftausdruck, den der Lawblogger und Strafverteidiger Udo Vetter heute twitterte.

Am 5. Juli erhielt Kantel deshalb ein Schreiben, in dem ihn der Berliner Polizeipräsident darüber informierte, dass man ihm die “Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen” vorwirft. Der Blogger reagierte darauf mit der Veröffentlichung des Vorwurfs und der Bemerkung, dass man Religionen gar nicht beleidigen könne, weil sie selbst “eine Beleidigung jeglichen gesunden Menschenverstandes” seien.

Das überzeugte die Berliner Staatsanwaltschaft aber offenbar nicht, denn am letzten Wochenende ging Kantel eine Anklageschrift zu, die sich auf den § 166 des Strafgesetzbuchs (StGB) stützt, in dessen Absatz 2 es wörtlich heißt, dass derjenige, der “eine im Inland bestehende Kirche oder andere Religionsgesellschaft oder Weltanschauungsvereinigung [beziehungsweise] ihre Einrichtungen oder Gebräuche in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören”, mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden kann.

Die Vorschrift kam in der Vergangenheit unter anderem im Fall einer Frau zur Anwendung, die auf einem Flugblatt die Meinung geäußert hatte, die katholische Kirche sei eine “Verbrecherbande”. Sie verlor Mitte der 1980er Jahre einen Strafprozess vor dem Landgericht Göttingen und dem Oberlandesgericht Celle. In den 1990er Jahren wurde mit Hilfe des § 166 das Musical Das Maria-Syndrom verboten, in dem eine unbefleckte Empfängnis durch eine schmutzige Klobrille erklärt wird. Damals nahm das Bundesverfassungsgericht den Fall nicht an.

Allerdings ist nicht sicher, ob die sehr unbestimmte und damit für den Willküreinsatz anfällige Vorschrift erneut den Instanzenweg übersteht, wenn jemand die Zeit und das Geld aufwendet, sie in Frage zu stellen. Kantel, dem zahlreiche Schockwellenreiter-Kommentatoren bereits ihre Prozessspendenbereitschaft zusicherten, sucht zwar einen Anwalt, hat aber gleichzeitig angekündigt, im Falle zu großer finanzieller Belastungen das “Experiment Schockwellenreiter” zu beenden und künftig nur mehr anonym aus Island zu bloggen, das sich zu einer Zufluchtsstätte für die Meinungsfreiheit entwickeln will.

Source : http://www.heise.de/tp/blogs/6/150836

Von : Peter Mühlbauer in Telepolis > Kultur und Medien-News

Siehe auch : http://www.daisymupp.net/2012/02/der-blogger-und-der-kardinal/

Theologin will Pippi Langstrumpf aus Kinderzimmern verbannen

Theologin will Pippi Langstrumpf aus Kinderzimmern verbannen

“Jetzt geht’s dem Neger an den Kragen” titelte Ernst Corinth in Telepolis vor fast zehn Jahren, als der Kurdenforscher Günther Max Behrendt von der Hannoverschen “Antidiskriminierungsstelle” die Zensur eines bekannten Romans von Agatha Christie erwirkte. Dass der Deutsche Presserat vorher feststellte, dass “Neger” kein Schimpfwort ist, störte die eifrige Ein-Mann-Behörde dabei wenig. Wer solche Kriterien anlegt, der findet noch viel zu säubern, merkte Corinth damals an, und verwies auf ein Gedicht von Johann Georg Scheffner und den rheinischen Karneval, wo man gerne die Stimmungshits von Ernst Neger singt.

Zum Teil erfolgreich war ein Angriff auf Hergés Tim-und-Struppi-Comics, die die britische Commission for Racial Equality (CRE) 2007 aus den Buchhandlungen nehmen und in die Museen verbannen wollte, wo sie mit dem Warnschild “Altmodisches, rassistisches Geschwätz” versehen werden sollten. Als Grund dafür nannte die CRE die “wilden Eingeborenen” in der Erzählung Tim im Kongo, die ihrer Ansicht nach “wie Affen aussehen und wie Schwachsinnige sprechen”. Mittlerweile packt der Verlag Egmont UK den Kongo-Band in eine Schutzbanderole, die vor dem Inhalt warnt, den manche Menschen anstößig finden könnten – trotz einer darin enthaltenen langen Erklärung des Übersetzers zu den Klischees der Zeit, in der das Werk entstand. Und die Waterstones-Kette verkauft ihn nicht mehr in ihren Kinder-, sondern in den Erwachsenenabteilungen.

Ein Dauerbrenner in Sachen Zensurattacken ist Mark Twains erstmals 1884 erschienener Klassiker Adventures of Huckleberry Finn. In einer im Februar 2011 erschienenen Neuauflage ersetzte man die Wörter “injun” durch “Indian” und das 219 mal auftauchende “nigger” durch “slave”. Alan Gribben, ein Literaturprofessor an der Auburn University in Montgomery, der die Änderungen vornahm, erklärte, er habe bei Vorträgen die Erfahrung gemacht, dass sein Publikum weniger “verstört” sei, wenn er aus seiner bearbeiteten Fassung vorliest.

Allerdings gibt es zahlreiche Wissenschaftler, die solch einer Wohlfühlzensur kritisch gegenüberstehen und darauf verweisen, dass man die amerikanische Geschichte zwischen 1835 und 1845 dadurch weniger rassistisch erscheinen lässt, als sie es tatsächlich war. Besonders pikant wird die Zensur dadurch, dass Twain sich sehr viel Mühe mit seinen Texten gab und für den Ausspruch bekannt ist, der Unterschied zwischen dem “richtigen” und dem “fast richtigen” Wort sei “really a large matter”. Einem Drucker, der Änderungen in der Interpunktion von A Connecticut Yankee in King Arthur’s Court vorgenommen hatte, verschaffte er einen Platz in der Literaturgeschichte indem er über ihn schrieb, er habe angeordnet “ihn zu erschießen, ohne dass er vorher Zeit zum Beten bekommt”. Wenig verwunderlich also, dass die Londoner Times in ihrer Besprechung der “kultursensiblen” Neuauflage zu dem Fazit kam, sie sei ein “well-intentioned act of cultural vandalism and obscurantism that constricts rather than expands the life of the mind”.

Ein neuer deutscher Vorstoß gegen Weltliteratur stammt von der “feministischen Theologin” Eske Wollrad, die 1999 über “Wildniserfahrung” als “Womanistische [sic] Herausforderung und eine Antwort aus Weißer [sic] feministischer Perspektive” promovierte und dafür einen Förderpreis der Marga-Bührig-Stiftung erhielt. Sie sprach letzte Woche in Leipzig im Rahmen einer Veranstaltung mit dem Titel “Das Gift der frühen Jahre” über angeblichen “Rassismus in Kinderbüchern”, den sie nicht nur im Splatter-Comic Struwwelpeter, sondern auch in Astrid Lindgrens Pippi-Langstrumpf-Klassikern verortet.

An diesem über 60 Jahre alten Werk stört Wollrad nicht nur, dass die Hauptfigur Pippi an einer Stelle das (von der Theologin möglicherweise nicht als solches erkannte) Wahrheitsparadoxon formuliert, sie habe das Lügen in Afrika gelernt, oder der vom Verlag ohnehin schon in einen “Südseekönig” umzensierte Beruf “Negerkönig”, den der Vater des erfundenen Mädchens zeitweise ausübt, sondern auch, dass die Zusammensetzung der Protagonisten “nicht der heutigen Wirklichkeit entspricht”, in der jedes dritte Kind einen “Migrationshintergrund” habe.

Genau genommen besteht allerdings die fast ausschließlich schwedische Belegschaft von Pippi Langstrumpf an der deutschen Realität gemessen zu praktisch hundert Prozent aus Ausländern – weil das Buch nun einmal zum größten Teil in der schwedischen Vergangenheit spielt. Eine realistische Wiedergabe der aktuell gültigen Bevölkerungszusammensetzung findet sich überdies auch in Tierfabeln, Märchen, Fantasy-Epen und Science-Fiction-Erzählungen mit Aliens nicht. Und schon gar nicht bei den religiösen Mythen, die Religionslehrer gewordene Theologen Grundschulkindern als Wahrheiten verkaufen. Aber sind RTL-Shows wie Deutschland sucht den Superstar deshalb die bessere Kinderunterhaltung?

Der sächsische Ausländerbeauftragte Martin Gillo meinte auf Presseanfragen zu der Veranstaltung, man solle “der Weltliteratur keinen Maulkorb verpassen” und könne Kinder besser als durch Verbote dadurch erziehen, dass man mit ihnen über ihre Lektüre spricht. Auch dem mit Steuergeldern bezuschussten Antidiskriminierungsbüro Sachsen, das den als “praxisbezogenes Vertiefungsangebot für Pädagog_innen” [sic] beworbenen “Workshop” veranstaltete, scheint der Vorstoß der Theologin mittlerweile peinlich zu sein: Für eine Stellungnahme ist dort niemand erreichbar, dafür versuchte man die Ankündigung der Veranstaltung von der Website zu löschen.

Source : http://www.heise.de/tp/artikel/35/35851/1.html

Von : Peter Mühlbauer in Telepolis > Medien

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Düsseldorfer Kulturdezernent zur Rehabilitierung der “Hexen” bekehrt

Inzwischen hat sich auch am Rhein die Auffassung durchgesetzt, dass die beiden 1738 wegen angeblicher Hexerei auf dem Scheiterhaufen hingerichteten Frauen Helena Curtens und Agnes Olmans sozialethisch rehabilitiert werden sollen. Nachdem sich mancher anfangs noch gesträubt hatte, schwor man nun allgemein der Irrlehre ab. Kulturdezernent Lohe betonte, Hexenurteile seien Unrechtsurteile, wies jedoch auf das juristische Problem hin, dass die Stadt nicht Rechtsnachfolgerin des damaligen Schöffengerichts sei. Die Stadt kann daher das Urteil nicht förmlich aufheben, was so allerdings auch nicht beantragt war. Der Beschwerdeausschuss der Stadt Düsseldorf empfahl nunmehr einstimmig, den Frauen zu gedenken und ein mahnendes Zeichen gegen die Ausgrenzung Andersdenkender zu setzen. Angedacht hierzu sind die Benennung von Straßen nach den Opfern, eine Dauerausstellung im Stadtmuseum und eine Vortragsreihe.

Die Einigkeit in Düsseldorf dürfte nicht unwesentlich mit dem Unmut über einen geradezu fundamentalistischen Gegenantrag zusammenhängen: Der Diplom-Theologe Bernhard Meisen fühlt sich offenbar den damals 30 führenden Dämonologen und Juristen verpflichtet, welche seinerzeit das Gericht berieten. Meisen zufolge sei das Urteil nach der damaligen Rechtsprechung “so in Ordnung gewesen”. Durch eine wie auch immer geartete Rehabilitierung werde sein katholischer Glaube in “elementaren Teilen in Frage gestellt”. Er sehe sich in seiner Religionsfreiheit beeinträchtigt, ließ er die RP-Online wissen. Meisen hält es für unstrittig, dass die Frauen “in abergläubische Praktiken und phytotherapeutisches Detailwissen involviert waren” – angesichts des unter Folter gepressten Geständnisses der Frau Olmanns und der durch eine Nadelprobe überführten 14jährigen Frau Curtens eine bemerkenswerte Sichtweise. Meisen untermauerte seine moralische Bewertung der Frauen mit dem Hinweis darauf, diesen sei auch “sexuelle Ungeordnetheit” vorgeworfen worden.

Der erboste Theologe kündigte an, erforderlichenfalls den Klageweg zu beschreiten, denn der offizielle Akt, den Opfern die ,Menschenwürde’ zurückzugeben, würde alle Teilhaber am Feudalsystem, die untergeordnet waren, zu Opfern einer “irregeleiteten Politik” machen, da sie “unterworfen” wurden. Damit würde man aber das Neue Testament und den Apostel Paulus kritisieren, der dieses System unterstützt habe. Zwar lehnt auch Meisen die Verbrennung als übertriebene Rechtsfolge ab, jedoch dürfte es schwierig werden, die exekutierten Frauen nachträglich etwa mit Sozialstunden zu belegen.

Ob sich der fromme Theologe, der anscheinend Hexen und sexuelle Ungeordnetheit fürchtet, nur auf den Rechtsweg beschränken wird oder ob er auch erwägt, sich aus Protest selbst zu verbrennen oder wenigstens sein Diplom, ist derzeit ungewiss. Bei derartigem Bodenpersonal werden pubertierende Frauen, die in Düsseldorf von Geistern träumen, wohl eher zu therapeutischen als zu kirchlichen Hilfsangeboten tendieren. Die Wahrheitsfindung durch Hexenprobe wird jedenfalls auch von den Düsseldorfer Gerichten nicht mehr anerkannt.

Source : http://www.heise.de/tp/blogs/6/150791

Von : Markus Kompa in Telepolis > Kultur und Medien-News