“Er hat sich stets bemüht”, ist zwar in Zeugnissen eine Killerphrase – bei der Beurteilung der Resultate von IQ-Tests sollte man die Anstrengung, die die Testperson unternommen hat, jedoch in die Bewertung aufnehmen. Das zeigen Experimente, über die US-Psychologen jetzt in den Veröffentlichungen der US-Akademie der Wissenschaften (PNAS) berichten. Den Forschern ging es dabei vor allem darum, die Vorhersagekraft des Intelligenzquotienten für die schulische und berufliche Zukunft eines Probanden zu überprüfen.
Nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass der IQ immer öfter mit anderen Faktoren der menschlichen Lebensführung korreliert wird. Was bedeutet es zum Beispiel, dass die Lebenserwartung mit dem IQ wächst (siehe Mit dem IQ wächst auch das Lebensalter) oder dass Raucher im Mittel einen niedrigeren IQ-Testwert aufweisen (siehe Raucher sind dümmer”? Warum erzielen Atheisten einen höheren IQ als Gläubige (siehe “Sinkt mit steigendem IQ der religiöse Glaube?”), und wieso haben schlauere Frauen weniger Sex (siehe Sex und I.Q.)?
Dabei geht es nicht darum, die in unzähligen Studien nachgewiesene Verbindung zwischen IQ und anderen Eigenschaften zu diskreditieren. Worauf die Forscher eigentlich hinaus wollen, ist die Frage: Was ist Intelligenz? Beziehungsweise: Was misst der IQ-Test wirklich? Bisher geht man nämlich nicht davon aus, dass Faktoren wie Siegeswille und Ehrgeiz oder auch starke Autoritätsgläubigkeit die Ergebnisse signifikant modifizieren.
Dazu analysierten die Psychologen zunächst bereits in Studien veröffentlichte Daten, bei denen man IQ-Testergebnisse mit während des Tests ausgelobten Belohnungen verglichen hatte. Tatsächlich zeigte sich eine deutliche Erhöhung des Intelligenz-Quotienten, wenn die Teilnehmer auf diese Weise extern motiviert worden waren. Im Mittel erhöhte sich der IQ um bis zu zehn Punkte. Das galt ganz besonders bei Probanden mit niedrigeren Werten.

Die IQ-Zahl erzählt nicht alles

Da insgesamt keine Testperson besser als mit dem IQ-Wert 120 abschnitt, kann das kaum an einem Deckelungs-Wert für den IQ liegen, also der Annahme, dass intelligentere Menschen es gewissermaßen schwerer haben, ihr Testergebnis durch bessere Motivation zu erhöhen. Das Alter hatte in dieser Metastudie keinen Einfluss: junge Probanden ließen sich mit Geld oder Süßigkeiten ebenso gut motivieren wie ältere.
In einem zweiten Teil der Studie entwarfen die Autoren einen eigenen Versuch. Sie ließen über 500 etwa zwölfjährige Jungen einen Intelligenztest absolvieren und zeichneten dabei 15 Minuten des Tests per Video auf. Geschulte Beobachter hatten später die Aufgabe, die Motivation der Probanden anhand dieser Filme zu beurteilen – ausgehend von typischen Zeichen wie der Weigerung, bestimmte Aufgaben zu lösen, dem Wunsch nach schneller Beendigung des Tests oder sehr schnellen “Weiß ich nicht”-Antworten.
Zwölf Jahre später erhoben die Wissenschaftler Daten von einem großen Teil dieser Probanden, die ihren bisherigen Erfolg im Leben charakterisierten. Die Polizeiakten zu den einzelnen Personen ergänzten das Material. Mit diesen Daten konnten die Psychologen erfolgreich zeigen, dass die IQ-Zahl offenbar nicht alles erzählt. Ihr Intelligenz-Bestandteil zeigte sich vor allem als mit dem akademischen Werdegang korreliert (was nicht überrascht), während Erfolg in anderen Lebensbereichen vor allem von dem aus unterschiedlichen Quellen herrührenden Faktor Motivation bestimmt wird.

Raucher und die Motivation

Die Forscher warnen nun allerdings davor, ihre Ergebnisse zu überschätzen. Während man für einen hohen IQ-Wert eine hohe Intelligenz mit starker Motivation kombinieren müsse, genüge für mittlere Werte einer der beiden Faktoren. Bei Studien, die vorwiegend Probanden mit hohem IQ verwenden (wenn etwa Studenten für den Test herhalten müssen), müsse man deshalb den Einfluss der Motivation weniger berücksichtigen als bei Studien über das Bevölkerungs-Mittel.
Raucher etwa schnitten dann bei IQ-Tests nicht unbedingt aus Dummheit schlechter ab, sondern wegen schwächerer Motivationsfähigkeit (die ja letztlich dazu führt, dass ihnen das Aufhören noch nicht gelungen ist).

Source : http://www.heise.de/tp/artikel/34/34640/1.html