Tatortmacher klauen Schaltung aus dem Internet

Tatortmacher klauen Schaltung aus dem Internet

Es ist noch nicht lange her, da verfassten 51 Tatort-Autoren einen offenen Brief unter anderem an die Netzgemeinde. In diesem Brief beklagten die Autoren unter anderem die Umsonstkultur der User, die scheinbar frei zugänglich mit kostenfrei gleichsetzen. Sie wandten sich gegen eine Marginalisierung der Grundrechte der Urheber, namentlich das geistige Eigentum, und befürchteten nicht weniger als eine Enteignung, falls Schutzfristen tatsächlich verkürzt würden.

Da ist es natürlich um so peinlicher, was laut Felix von Leitner einigen Benutzern des Forums mikrocontroller.net im am 3.6.2012 ausgestrahlten Tatort “Schlafende Hunde” auffiel: dass irgendwer sich für eine Szene, bei der ein Schaltplan gezeigt wird, scheinbar ungefragt via Google Bildersuche an fremden geistigen Eigentum bedient hatte. Ohne den Urheber zu entlohnen oder wenigstens zu fragen, und ohne Quellenangabe wurde da der Schaltplan einfach in einer kommerziellen Produktion verwendet. Fairerweise sei hier eingeschoben, dass die betreffende Folge bereits 2010 produziert wurde und ihr Drehbuchschreiber nicht zu den Unterzeichnern des offenen Briefes gehört – dennoch muss sich die Tatort-Crew nun den Vorwurf gefallen lassen, mit der Hand in der Keksdose erwischt worden zu sein. Der Urheber Fabian Luehrs steht derzeit in Kontakt mit einer Redakteurin um abzuklären, wie das passieren konnte.

Nun kann man – auch die Macher des Tatort – der Meinung sein, dies sei doch eigentlich nicht so schlimm. Immerhin habe man den Schaltplan nur zur Illustration verwendet. Damit würde man dann allerdings den Standpunkt vertreten, den man eben noch kritisiert hat: dass eben nicht jede Verwendung fremder Schöpfungen in eigenen Werken die Rechte des Urhebers verletzt.

Rechtlich könnte man sich auf §57 des deutschen Urheberrechtsgesetzes berufen, der das Konzept des “unwesentlichen Beiwerks” formuliert. Das dürfte allerdings all jenen wie der reine Hohn vorkommen, deren Videos wegen urheberrechtlich geschützter, zufällig mit aufgenommener Hintergrundmusik schon einmal bei YouTube gesperrt worden sind. Weiterhin ist es fraglich, ob man mit dieser Argumentation rechtlich überhaupt durchkommt – wo der Schaltplan doch gut sichtbar in Szene gesetzt wurde.

Sich auf diesen Paragraphen des unwesentlichen Beiwerks zu berufen, um die ungefragte, nicht entlohnte Verwendung eines Schaltplans zu rechtfertigen, könnte man jedenfalls als eine Marginalisierung der Grundrechte des Urhebers verstehen. Alternativ bliebe noch ein zerknirschtes Schuldeingeständnis und damit der Beweis, dass auch die Macher des Tatorts es manchmal mit dem Urheberrecht nicht so genau nehmen – bzw. dieses eben in Zeiten des jederzeit verfügbaren und frei zugänglichen Wissens voller Fallstricke ist, die selbst Profis zum Verhängnis werden können und daher eine Anpassung, zumindest aber eine Diskussion angesagt wäre.

Source : http://www.heise.de/tp/blogs/6/152142

Von : André Lerch in Telepolis > Kultur und Medien-News

Selbst ein Bein gestellt

Selbst ein Bein gestellt

Weil die GEMA vom Streamingportal YouTube für dort von der Musikindustrie, von Bands und von Privatnutzern eingestellte Stücke Summen sehen will, die nach Ansicht von Googles weit jenseits jeder Rentabilität liegen, hat die deutsche Musikverwertungsgesellschaft den amerikanischen Konzern verklagt. Zur Begründung dieser Klage legte sie eine Liste mit zwölf Musiktiteln vor.

Eines dieser Stücke ist Rivers of Babylon. Dem Musiker und Kneipier Johannes Thon, der im Landesvorstand der rheinland-pfälzischen Piratenpartei sitzt, fiel nun auf, dass in der Datenbank der GEMA nicht nur die jamaikanischen Musiker Brent Dowe und Trevor McNaughton als Komponisten und Textdichter des Stücks aufgelistet sind, sondern auch der Boney-M.-Produzent Frank Farian sowie dessen Mitarbeiter Hans-Jörg Mayer (der sich hinter dem Pseudonym “George Reyam” verbirgt). Außerdem wird noch ein ominöser “DP” als Textdichter genannt.[1]

 

Farian hatte das Stück 1978 in einer langsamen Disco-Version veröffentlicht und damit sehr viel mehr Erfolg als Brent Dowe und Trevor McNaughton mit ihrer 1969 aufgenommenen Rocksteady-Version, für deren Betextung sie auf die Psalmen 137,1-9 und 19,14 zurückgriffen. Die beiden Versionen lassen sich zwar auseinanderhalten, aber was genau die deutlich jüngere Boney-M.-Einspielung zur kompositorischen Eigenleistung erheben soll, bleibt offen. Auch deshalb, weil die GEMA für kleine Veränderungen an Stücken die spezielle Kategorie “Bearbeiter” hat, in der aber nur Farians Arrangeur Stefan Klinkhammer eingeordnet ist.

Auf dieses Rätsel angesprochen meint man bei der GEMA gegenüber Telepolis, es handele sich bei dem Boney-M-Titel Rivers Of Babylon um kein “Plagiat”, sondern um eine “Gemeinschaftskomposition des Autorengespanns von Boney-M. mit dem Autorengespann von The Melodians“. So etwas sei “keine Ausnahme, sondern der Regelfall” und könne sich ergeben, wenn Personen im Team komponieren oder wenn ein Musikwerk nachträglich bearbeitet wird. Unbeantwortet lässt man Fragen danach, welchen Anteil aus den Tantiemen Farian und Mayer bekommen und welchen die Jamaikaner.

Es scheint deshalb nicht ausgeschlossen, dass ein findiger Urheberrechtsanwalt eine Menge Geld verdienen könnte, wenn er die Adressen von Trevor McNaughton und ein paar Erben in Jamaika ausfindig macht und diese Personen kontaktiert. Die Übervorteilung von Musikern aus einfachen Verhältnissen wäre bei der GEMA auf jeden Fall kein Novum: Vor einigen Jahren kam heraus, dass der ehemalige GEMA-Aufsichtsrat Egon Frauenberger sich unberechtigt als Bearbeiter des Kufsteinliedes eintrug, wodurch ihm erhebliche Tantiemen aus den regelmäßig auf Volks- und Vereinsfesten gespielten Schlagers zuflossen. Als die Erben misstrauisch wurden, reagierte die Verwertungsgesellschaft, in der der mittlerweile verstorbene Musikverleger unter anderem im Beschwerdeausschuss saß, nicht auf deren Briefe und versuchte die Zuständigkeit von sich zu weisen.

Source : http://www.heise.de/tp/artikel/36/36901/1.html

Von : Peter Mühlbauer in Telepolis > Politik > Copyright

GEMA gegen YOUTUBE

GEMA gegen YOUTUBE

Zwei mächtige, gierige und vielen verhasste Organisationen, die beide jeweils parasitäre Geschäftsmodelle im Bereich des Urheberrechts verfolgen, trafen am Freitag am Landgericht Hamburg aufeinander. Die eine Organisation ist eine gigantische Datenbank, zu der auch die Hostingplattform Youtube gehört und sich für “not evil” hält. Sie betreibt eine Art kulturellen Kommunismus, in dem sie kostenlos Informationen vermittelt, lagert und verteilt. Doch wo immer man etwas kostenlos bekommt, ist man nicht der Kunde, sondern das Produkt: Die Nutzer zahlen mit ihren Daten, sowie mit dem Konsum von Werbung.

Während die eine Organisation die Welt beschenkt und sich beschenken lässt, verfolgt die andere Organisation den kapitalistischen Ansatz, in dem Güter nur gegen Geld geteilt und notfalls künstlich verknappt werden – für Musik im Zeitalter der Digitalkopie ein anachronistisch anmutendes Konzept.

Um an der Nutzung von Werken wirksam zu partizipieren, überwacht diese Organisation die gesamte Bundesrepublik. Sie sendet Späher in Diskotheken und Tanzschulen, um deren Fläche zu vermessen, bedient sich Denunzianten, um Veranstalter der Musiknutzung zu überführen und beschnüffelt das Internet. Gerichte statten sie sogar mit einer Beweislastumkehr dafür aus, dass es sich bei verwendeter Musik um Material handelt, das zu ihrem Wahrnehmungsrepertoire gehöre.

Geschenke

Beide Organisationen beschenken die Urheber.

Die eine bietet den Künstlern eine kostenlose Plattform für Bekanntheitsgrad, wie es traditionell Radio und TV taten. Während früher Produzenten die DJs und Redakteure dafür schmierten, Stücke so oft vor der Zielgruppe zu spielen und Künstler in Shows einzuladen, bis sie Wiedererkennungs- und damit Marktwert erfuhren, kann man heute sogar allein auf Youtube berühmt werden (wenn auch häufig unfreiwillig). Künstler wie die Berliner Sängerin Zoe Leela versuchen diesen Ansatz. Selbst Plattenlabels bewerten das Internet als einen “Segen”.

Die andere Organisation beschenkt die Künstler mit dem Großteil des von ihr bei Musiknutzern abkassierten Geldes. “Schenken” deshalb, weil die Künstler nicht für eine konkrete Dienstleistung bezahlt werden, sondern dafür, dass jemand ihr bereits längst geschaffenes Werk konsumiert oder weiter nutzt. Geldverdienen im Schlaf sozusagen. Sowie das Werk kopiert werden kann, so soll auch die Gegenleistung kopiert werden, allerdings materiell. Während normalerweise im Wirtschaftsleben die Gegenleistung für eine Ware oder Dienstleistung zeitnah realisiert wird und schuldrechtliche Ansprüche nach wenigen Jahren sogar verjähren, wollen Urheber ein Leben lang und danach noch einmal 70 Jahre für ihr Werk honoriert werden.

Für die Künstler erweist sich das Geschäftsmodell der GEMA nur bedingt als ertragreich. Im Durchschnitt entfiel auf jeden der ca. 64.000 GEMA-Künstler pro Jahr knapp 11.500,- € Brutto, was allein zum Leben kaum ausreicht. Doch selbst diese Zahl erweckt einen stark verzerrten Eindruck, denn den Löwenanteil teilen sich ohnehin nur sehr wenige GEMA-Berechtigte, eben die Stars. Die unkreativen Geldeintreiber der GEMA allerdings lassen sich ihren Liebesdienst üppig vergüten, fuhren etwa 2010 für sich selbst 127 Millionen Euro ein (ca. 15% des Gesamtumsatzes). Irgendwo muss ja schließlich auch das Jahresgehalt für den unkreativen GEMA-Chef herkommen, der sich locker mal eben 380.000 Euro ausbezahlt.

Geschacher

Die GEMA möchte nun bei Youtube mitverdienen – nach Art des Hauses parasitär. Wenn ein Konzertveranstalter an die GEMA latzt, beteiligt sich die GEMA ja auch nicht am Risiko, ob das Konzert rentabel verläuft – da wäre es ja noch schöner, müsste man sich etwa an den Hostingkosten von Youtube beteiligen. Während für Radio pro abgespieltem Titel kassiert wird, den Tausende Hörer gleichzeitig konsumieren, will die GEMA für jeden einzelnen Abruf die Hand aufhalten.

Nach ihren Preisvorstellungen sollten pro Abruf 0,6 Cent an die Verwertungsgesellschaft fließen, was bei 63,3 Millionen Abrufen schon mal das Gehalt des GEMA-Chefs sichern würde. Dass Youtube durchaus bereit ist, die Künstler zu beteiligen, steht außer Frage, denn in über 40 Ländern kamen Vereinbarungen mit Musikverwertungsgesellschaften bereits zustande. Doch offenbar scheint die Gier der GEMA besonders groß zu sein – was vermutlich kaum jemanden wundern dürfte, der jemals mit der deutschen Musik-Wahrnehmungsgesellschaft zu tun hatte.

Nachdem beide Organisationen lähmend lange Verhandlungen führten, trafen sich die Kontrahenten an dem für Immaterialgüterrechte bizarrsten Ort der Welt – am Landgericht Hamburg. Dort fiel der Fall in die Hände des Vorsitzenden Richters Steeneck, der im Gegensatz zu manchem seiner Hamburger Kollegen durchaus als besonnen gilt. Das Gericht lehnte die von der GEMA begehrte Einstufung als “Täterin” ab, was eine Verantwortlichkeit für sämtliche urheberrechtsrelevanten Handlungen nach sich gezogen hätte. Youtube hätte in diesem Fall sein gesamtes Repertoire prüfen müssen, das von Fremden hochgeladen wurde.

Wie jedoch nicht anders zu erwarten, erkannte das Gericht auf eine Störerhaftung. Wie jeder Blogbetreiber auch haftet damit Youtube ab Kenntnis rechtswidriger Uploads, die insoweit für die Zukunft wirksam unterbunden werden müssen. Dies geschieht bereits durch die eigens entwickelte Content ID-Software, jedoch verlangt das Gericht zusätzlich auch digitale Fingerprints der Musikstücke sowie den Einsatz eines Wortfilters, der Werktitel und Interpret erkennen und blockieren soll.

Etliche Künstler mit identischen oder ähnlichen Namen bzw. Werktiteln dürfen sich auf lustige Zeiten einstellen. Wer etwa den Vornamen “Nicole” führt, dürfte künftig wegen einer Grand Prix-Sängerin dieses Künstlernamens Probleme beim Upload bekommen. Aufgeweckte Musikfreunde indes werden den Filter mit Fantasienamen zu umgehen wissen, Konsumenten werden ohnehin auf Spezialsoftware zur Umgehung des länderspezifischen Filters zurückgreifen.

Das Gericht verteilte an die GEMA auch weitere Ohrfeigen. So hatte die GEMA für ihre Musterklage 12 Musikstücke herausgesucht, die angeblich nicht schnell genug gesperrt worden seien. Das wurde aber offenbar nur für sieben Stücke hinreichend plausibel gemacht, während für fünf die Klage unschlüssig blieb. Verabschieden werden wir uns also vorläufig von großen Kulturgütern wie Rolf Zuckowskis “Im Kindergarten (1994).

Zu den Blindgängern der Klage gehört immerhin “Rivers of Babylon” von Boney M. (1978), wobei der Filter offenbar gerade Wochenende hat und daher die Klage bei entsprechendem Vortrag und Beweisangebot eigentlich schlüssig hätte sein müssen. Auch der Mirelle Mathieu-Titel “Akropolis adieu”, den Christian Bruhn komponierte, ist aktuell noch sicht- und hörbar (wenn man das wirklich will …).

Komponist Bruhn dürfte zu den handverlesenen Künstlern gehören, die sich über die GEMA kaum beklagen werden, saß er doch ab 1982 in deren Aufsichtsrat. System verstanden! Hoffentlich verrät Bruhn niemand, dass sein vermutlich bestes Werk ebenfalls noch auf Youtube zu finden ist. Es wäre doch schade, wenn kommende Generationen das Werk nicht mehr kennen lernen, nur weil die zugehörige Zeichentrickserie aufgrund anspruchsvollerer Sehgewohnheiten nicht mehr im TV zu sehen sein wird.

Source : http://www.heise.de/tp/artikel/36/36809/1.html

Von Markus Kompa in Telepolis > Medien

GEMA verschlimmbessert ihr Tarifsystem

GEMA verschlimmbessert ihr Tarifsystem

Die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) will ab kommendem Jahr ihr Tarifsystem für Veranstalter vereinfachen. Die Nutzungskosten für Gastronomen, Discotheken, Tanzschulen, Partys, Stadtfeste usw. berechnete die GEMA bisher nach der zu beschallenden Fläche, Dauer und einem branchenspezifischen Tarif. Für Veranstaltungen, bei denen (außerhalb von konventionellen Konzerten) Live-Musik und solche aus der Konserve genutzt werden, will die GEMA ab dem 01.01.2013 ihre bislang elf ausdifferenzierten Tarife auf ganze zwei eindampfen. Die GEMA orientiert sich künftig an den beiden Faktoren “Größe einer Veranstaltung” in linearen 100 Quadratmeter-Schritten und “Eintrittsgeldern” in Ein-Euro-Schritten. Wie bisher auch ist die Nutzung vorher anzumelden.

Während die GEMA ihre Tarifänderung als großen Wurf verkauft und die Orientierung am Eintrittsgeld kaufmännisch durchaus Sinn macht, hat die Sache einen Haken: Es wird für etliche Nutzer dramatisch teurer. Veranstalter von Straßenfesten können sich locker auf die doppelten GEMA-Kosten einstellen. Betreiber von Diskotheken fürchten gar eine Versiebenfachung der Kostenlast. Da im Discothekenbereich beim Eintritt die finanzielle Schmerzgrenze der Kids bereits als ausgereizt gilt, dürften etliche Unternehmungen unwirtschaftlich werden. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband spuckt Blut.

GEMA-freie Musik wie Werke längst verstorbener Künstler oder von solchen, die bewusst auf eine GEMA-Mitgliedschaft verzichten, dürfte für professionelle Veranstalter künftig deutlich attraktiver werden. Eine andere Alternative wäre die Gründung einer konkurrierenden Musikverwertungsgesellschaft, die das Repertoire ihrer Künstler zu moderateren Tarifen anbietet. Entgegen einer landläufigen Fehlvorstellung ist die GEMA keine staatliche oder mit einem staatlichen Monopol beliehene Institution, vielmehr könnten sich gewitzte Musiker und Unternehmer zusammentun und nach dem Urheberrechtswahrnehmungsgesetz eine alternative Wahrnehmungsgesellschaft gründen. Dies würde auch dem Prinzip der sozialen Marktwirtschaft entsprechen, in dem das faktische Monopol ein Fremdkörper ist und die Bildung von Tarifen dem Markt überlassen wird.

Source : http://www.heise.de/tp/blogs/6/151754

Von Markus Kompa in Telepolis > Kultur und Medien-News

Photo : ddp/Michael Gottschalk