Fernab der Hauptstadt, am Stammtisch, werden die Wahlen entschieden. Die Politik weiß um diese Macht, doch die Menschen sind ihr fremd geworden. Eine Reise durch ein unverstandenes Stück Deutschland

Artikel aus der Zeit : http://www.zeit.de/2009/33/DOS-Stammtisch?page=all

Die Luft beißt schon ein wenig im Hals, als sich Kajo Wasserhövel im fünften Stock des Willy-Brandt-Hauses die nächste Zigarette anzündet. Die vierte in einer halben Stunde. American Spirit, amerikanischer Geist. Ob’s hilft?

Es ist Vorwahlsommer, das Land treibt träge durch die Ferien, doch in Berlin wuseln jetzt die Wahlkämpfer. Durch die Glaswände der SPD-Parteizentrale kann Bundesgeschäftsführer Wasserhövel das Treiben ungestört betrachten: Junge, schicke Stadtmenschen telefonieren, konferieren, delegieren, werten Umfragen aus, stimmen Termine ab, planen Internet-Offensiven. Alles ist auf ein Ziel ausgerichtet: diesen zähen Wahlkampf beschleunigen, ihm Dynamik und Emotion verleihen. Bis in den letzten Winkel des Landes, bis an den hintersten Stammtisch.

Wasserhövel nimmt einen tiefen, langen Zug. Amerikanischen Geist inhalieren und beim Ausatmen der SPD-Kampagne eine Brise Euphorie, ein wenig Obamania einhauchen. Die Massen bewegen. Das wär’s.

Dann fiele manches leichter in diesem vertrackten Sommer, in dem die SPD bei 25 Prozent verharrt. Und Wasserhövel, der Wahlkampfmanager, müsste sich nicht mehr jeden Tag, jede Stunde, jede Minute mit der immergleichen Frage quälen: Wie ist der Wähler nur zu packen? »Die SPD ist ja immer dann stark, wenn sie eine Sprache für das kleine Glück der Menschen hat«, sagt Wasserhövel. Aber was ist das: das kleine Glück? Und was wollen »die Menschen draußen im Lande«, von denen die Politiker immer reden – sie, die sich offenbar »drinnen« fühlen?

Wasserhövel ist ein leiser Mann in einem lauten Geschäft. Grauer Anzug, blassblaues Hemd, Fransenfrisur. Bei der vergangenen Bundestagswahl hatte er ein gutes Gespür für das, was die Leute wollen. Im Herbst 2005 spürte Wasserhövel, dass sie den neoliberalen Heilsversprechungen des Duos Merkel/Westerwelle nicht trauen würden. Die Sozialdemokraten, lange abgeschlagen, blieben nur knapp hinter der Union. Er lag richtig.

Vor der Europawahl in diesem Sommer glaubte Wasserhövel, die Menschen, verunsichert von der Krise, wollten den Staat als Retter sehen. Um jeden Preis. Für Opel, für Arcandor, all die großen Unternehmen. Er lag falsch.

Beide Male kippte die Stimmung jeweils kurz vor der Wahl. Die Politiker nahmen den Umschwung nicht wahr, die Demoskopen erfassten ihn nicht, die Medien bildeten ihn nicht ab. Es geschah unbeobachtet, draußen im Lande.

Was tut sich dort jetzt? In den Parteizentralen wird getestet und geprüft, dabei weiß Wasserhövel um die Verzweiflung hinter all diesem Tun. Die Leute draußen sind unberechenbar geworden, sie koppeln sich ab. »Die Menschen lassen sich von der kumulierten Medienlage nicht mehr beeindrucken«, sagt er, um zu erklären, dass er das Problem erkannt hat. »Wahlentscheidend ist das persönliche Gespräch. In der Familie, unter Freunden. Und am Stammtisch.«

Der Stammtisch. Ein altes Wort ist wieder da, eine unbekannte Macht, fast schon vergessen. Alle Wahlkämpfer in Berlin zögern, bevor sie diesen Begriff in den Mund nehmen. Einerseits ist der Stammtisch für sie ein mystischer Ort, wo sie den Menschen aufs Maul schauen könnten, wo die Wortführer noch nicht opinion leader heißen – und trotzdem Meinung machen und Wahlen mitentscheiden. Andererseits tun Politiker alles, um mit diesem Stammtisch nicht in Verbindung gebracht zu werden. Stammtischpolitik, Stammtischparolen, Stammtischniveau – schlimmere Dumpfheitsvorwürfe gibt es nicht. Wer am Stammtisch sitzt, schaut über den Rand des Bierkruges doch nicht hinaus.

Aber wie viel städtische Verachtung des Kleinbürgerlichen, des Provinziellen steckt in dieser Sichtweise? Und wie viel Angst der Oberen, dass sich hinter Wirtshausfenstern eine dezentrale Öffentlichkeit ihre eigenen Gedanken macht, autonom, im Verborgenen – von den Medien nicht eingefangen, von den Demoskopen nicht abgefragt?

Die meisten Deutschen leben in Städten mit 20000 bis 50000 Einwohnern. Das Land ist ein Puzzle aus Provinzen, in denen der Brunch vielerorts einfach noch Frühschoppen heißt und der politische Salon eben Stammtisch. Wer dabei nur an Sprücheklopfer, Testosterongedröhn und Trinkgelage denkt, der weiß nicht, dass der Stammtisch auf dem Land nach wie vor einer der wichtigsten sozialen Treffpunkte ist, manchmal der einzige. Nicht anders ist es in den Städten, in den Kiezkneipen außerhalb der Zentren. Laut einer Studie von Infratest dimap aus dem Jahr 2005 treffen sich 28 Prozent aller deutschen Erwachsenen regelmäßig in einem Vereinslokal, in einer Gaststätte zum Stammtisch. 40 Prozent von ihnen sind Frauen. Der Stammtisch ist der Thinktank der sogenannten kleinen Leute, Nachrichtenbörse und Debattierklub. Ein Ort, an dem noch analog getwittert wird. Ein Ort vor allem, an dem Politik nicht abstrakt ist, sondern konkret. Weil Entscheidungen aus Berlin hier zu Lebenswirklichkeit gerinnen.

Ist der Stammtisch deshalb vielleicht klüger, als man glaubt? Wie sieht das Leben aus – und auch die Politik –, wenn man die Dinge vom Stammtisch aus betrachtet?

Es sind gut 500 Kilometer von Berlin bis ins Sauerland, nach Schmallenberg mit seinen 25000 Einwohnern, 20 Schützenvereinen und 14 Männerchören. Hier beginnt der Feldversuch, den Stammtisch ernst zu nehmen, ihn anzuhören – und dabei geografisch einen weiten Bogen um Berlin zu machen. Einen Bogen, der zunächst über die Bundesstraße 236 führt und dann durch dichten Wald den Stichweg Waidmannsruh hinauf, wo in einem Talkessel der Stadtteil Latrop liegt. Fachwerkhäuser, wie ins Grün gewürfelt. Geranien, die sich über Fensterbänke wölben. Drei Stammtische, die regelmäßig tagen. Sonntagmorgen, die Kirchenglocken sind verklungen. Im Gasthof »Hanses Bräutigam« sitzen sechs Männer um die fünfzig beim Frühschoppen: der Dachdeckermeister Ulrich Lutter. Der Förster Klaus Holtmann. Der Ortsvorsteher Karl Rickert. Der Unternehmensberater Bernd Lepping. Der Steuerberater Klaus Schmidt. Und dessen Bruder Alfons, Lastwagenfahrer.

Spätes Patriarchat?

»Die Frauen treffen sich mittwochs.« Wenn Champions League ist.

Die Kellnerin bringt Cappuccino und Bier.

Latrop hat 150 Einwohner, die große Mehrheit ist tiefkatholisch. 2004 haben die Latroper ihren Ort zum »Bundesgolddorf« aufgehübscht. Der Zustand des Gemeinwesens wird in Hektolitern Bier bemessen, die beim Schützenfest getrunken werden. »Dieses Jahr 15! Das macht uns stolz!«, ruft der Wirt über den Tresen.

Wenn Kajo Wasserhövel Latrop kennen würde – es wäre ein Katastrophen-Kaff für ihn: Bei der Europawahl haben die Menschen hier zu 70 Prozent CDU gewählt. »Nicht wegen Merkel, eher trotz. Die steht nicht fest«, sagt Lutter, der nicht nur Dachdeckermeister ist, sondern auch Mitglied im Schützenverein, im Sportverein, im Gebirgsverein, im Spielmannszug. Im Kreistag sitzt er auch, natürlich für die CDU. Deshalb: Steinmeier und all die anderen? Noch wankelmütiger als Merkel! Keine Meinung, kein Mut, keine Entschlusskraft. So ist Latrop bei seinen Wahlgewohnheiten geblieben – ein Dorf, zu klein, um der Vielfalt Platz zu bieten. »Wir ahnen natürlich, wer die zwei, drei Leute sind, die die anderen gewählt haben«, sagt Lutter. »Die werden außerhalb des Protokolls geächtet.«

Rollendes sauerländisches Gelächter. Und noch ein Bier. So weit wird das Klischee bedient.

Wer dann ein wenig zuhört, den mäandernden Gesprächen bis hin zu Holzpreisen und Rotwild folgt, wer erfährt, dass die sechs Männer am Tisch 20 Autos brauchen, damit sie, ihre Frauen und Kinder Tag für Tag zur Arbeit kommen – der glaubt zunächst, das Dorf sei aus der Zeit gefallen. Und fragt sich dann, ob auch er den Fehler macht, alles an Berliner Maßstäben zu messen.

Die Kanzlerin hat zwar ein Video-Podcast im Internet, »aber wir hier haben noch nicht mal DSL«, sagt der Dachdeckermeister. Die Zeitungen sind voll mit Krise, aber die Latroper sind noch dabei, die letzte Katastrophe aufzuarbeiten, ihre Wälder aufzuforsten, nach Kyrill, dem Orkan im Januar 2007. »Das Holz, was da noch rumliegt, geht alles in die Spanplatte«, sagt der Förster mit Bedauern. Die neue Krise? Kommt jetzt die Täler raufgekrochen, Wandergruppen bleiben aus – da springt der Dax schon wieder von Jahreshoch zu Jahreshoch. Und die Politiker versprechen Steuersenkungen.

Lüge?

»Hundert Prozent.«

Aber ist eine Lüge noch eine Lüge, wenn alle wissen, dass es sich um eine Lüge handelt?

»Tausend Prozent!«

Und dann fällt das Wort von der Berliner »Ankündigungspolitik«, nach deren Umsetzung oder Folgen im Hauptstadtkosmos niemand mehr frage, weil eine Woche später schon wieder andere Themen dominierten, die wieder neue Ankündigungen nach sich zögen. Bundespolitik, das sei heute: mehr Reagieren als Regieren, mehr Taktik als Tun. Wenig Vorausdenken, viel Nachbessern. Als das Bundesverfassungsgericht 2008 die Kürzung der Pendlerpauschale kippte, war das der Triumph des Landes über die Hauptstadt, des Stammtischs über die Politik. Ein Sieg der sechs Männer mit den 20 Autos.

Wie viel einfacher funktioniert da die Politik in Latrop, wo der Stammtisch im »Bräutigam« als Ersatzparlament unterhalb aller politischen Organe funktioniert – ganz wie die Dorfstammtische vergangener Zeiten, von denen aus örtliche Honoratioren wie der Bürgermeister, der Lehrer, der Arzt, der Apotheker den Ort regierten. Man kann darin Klüngel sehen – oder eine Keimzelle der Demokratie. Politik in Latrop heißt: Neubauflächen ausweisen oder nicht? Bäume fällen oder stehen lassen? Fragen, auf die es Antworten gibt. Antworten, bei denen es dann auch bleibt. An den Stammtischen hier wurde das neue Fußerlebnisbecken für die Touristen erdacht und der Dorfgarten geplant, den dann alle gemeinsam bauten. »Aus 1000 Euro Zuschuss werden bei uns 5000 Euro Wertschöpfung«, sagt Dachdeckermeister Lutter. Alle sechs Monate entscheidet die Vollversammlung des Ortes über die Ideen, die beim Bier entstanden sind. »Aber hier wird das Ei gelegt«, sagt der Lastwagenfahrer.

Berlin, Unter den Linden: An den Wänden des Café Einstein hängen Fotos von Gerhard Schröder und Quentin Tarantino, von Joschka Fischer und Johnny Depp, von Otto Schily und Anna Netrebko. Deutsche Politiker verschmelzen mit globalen Stars, die Welt drinnen entrückt der Welt draußen noch ein wenig mehr.

Thomas Steg setzt sich auf eine lederbezogene Bank und bestellt, was er immer bestellt, wenn er hier frühstückt. Joghurt mit Früchten und Müsli. Das Café Einstein gilt als der Stammtisch des politischen Berlin. Politiker, Parteisprecher, Berater, Lobbyisten, Journalisten treffen sich hier, um mal in aller Öffentlichkeit miteinander zu reden und dabei leichte Blattsalate zu verspeisen. Oder Müsli.

In der vergangenen Woche veröffentlichte die Bild Zeitung ein Foto. »Deutschlands exklusivste Männer-Tour«, stand darüber. Sieben Männer schipperten in privater Runde auf einem edlen Holzboot über die Mecklenburgische Seenplatte. Vorn im Bug rekelten sich Thomas Steg und Thomas Gottschalk. Einstein-Publikum. Der Stammtisch draußen ist nirgends ferner als hier.

Steg, 49, wenige Haare, randlose Brille, perfekt sitzender Anzug, ist seit drei Wochen oberster Berater des SPD-Kanzlerkandidaten. Zuvor war Steg stellvertretender Regierungssprecher. Acht Jahre lang hat Steg für eine Welt gesprochen, in der stets »konstruktive Gespräche« geführt wurden. In der Koalitionsstreit nicht Koalitionsstreit heißt, sondern »Ressortabstimmung«. In der man »Äußerungen« immer »mit Interesse zur Kenntnis nimmt« und »Eckpunkte einer einvernehmlichen Lösung bald schon erreicht sein werden«.

Steg ist diplomierter Psychologe und promovierter Sozialwissenschaftler. Er sieht das Defizit der Käseglocke Berlin – dass die Politik zu wenig Zugang zu den Orten suche, an denen sich das Volksempfinden artikuliere. An den Stammtisch denkt er in einer Art Furchtfaszination. Denn er ist sich nicht sicher, wie gesund dieses Volksempfinden ist.

Doch ist die Furcht gerechtfertigt? Hat das Volk in den entscheidenden Momenten der Nachkriegsgeschichte nicht erstaunlich klug empfunden und gedacht? Und sein Empfinden und Denken dann in Wahlen richtig artikuliert? Indem es Konrad Adenauer Deutschland im Westen verankern und Willy Brandt Entspannung mit dem Ostblock wagen ließ. Indem es sich Oskar Lafontaine zur Einheit verweigerte und Rot-Grün eine zweite, bessere Amtszeit gewährte. Rückwirkend betrachtet keine schlechte Bilanz des volonté générale, des gefürchteten Volkswillens, der auch am Stammtisch zu Hause ist.

Steg und die Politiker, die er berät, sind sich über die Macht des Stammtisches nicht ganz im Klaren. Gewinnt er an Macht, oder stirbt er aus? Einerseits spricht Steg vom Sterben traditioneller Dorfkneipen, von der »Sedimentierung eines kulturellen Phänomens« und davon, dass »auch der Stammtisch Nachwuchsprobleme« habe. Andererseits billigt er dem Stammtisch enorme Wirkungsmacht zu. Die Leute, die sich dort versammelten, seien Menschen, die die Gesellschaft im Kleinen trügen, in sozialen Zusammenhängen argumentierten und Mut zeigten, sich frei zu äußern. »Der Meinungsführer am Stammtisch strahlt in die Gesellschaft aus«, sagt Steg. »Er gibt die Richtung vor – und die anderen wirken als Multiplikatoren.«

Die Rechnung kommt. Steg muss los. Verwunderung bleibt zurück. Der Berater des SPD-Kandidaten, ein Mann, der stets schönreden muss, feiert das unverstellte Leben, die Direktheit. Was schwingt da mit? Die Sehnsucht eines Meisters des normierten Berliner Sprachcodes nach Klartext.

Nachwuchsprobleme? Sedimentierung eines kulturellen Phänomens? Da kann Jörg Noppenberger im fränkischen Adelsdorf nur staunen. Noppenberger – Jeans, T-Shirt, goldene Halskette – ist zwar kein Soziologe wie dieser Thomas Steg, aber von Stammtischen versteht auch er etwas: als Inhaber eines Pokalversandes, der die Republik aus seinem Eigenheim mit Medaillen, Maßkrügen und Aschenbechern versorgt. Und der graviert, was die Leute ihm vorschreiben. Ab 15 Uhr sitzen hier die, die immer hier sitzen. Erst diese Woche hat Noppenberger wieder 25 schmiedeeiserne Stammtischascher nachbestellt, »fünfzehn mit und zehn ohne Glocke«. In jedem Ort, in jedem Gasthaus, sagt Noppenberger mit weichem fränkischem Akzent: »a Gedradsch!«

Und wo so alles getratscht wird! Beim Jungfrauenstammtisch, beim Stammtisch »Alte Knochen« und beim Stammtisch »Die Oalteigsessna«. Beim Altmercedesfahrer-Stammtisch Ruhrgebiet, beim Gay-Stammtisch Weserbergland und beim Airbrush-Stammtisch Heilbronn. Beim Ossi-Stammtisch in Frankfurt am Main, beim Papageienstammtisch Groß-Gerau und beim Sadomaso-Stammtisch Hof (»…findet im Gewölbe statt!«).

Selbst Individualisten suchen Geselligkeit, nichts da mit Schweigespirale und Vereinsamung vorm Fernseher: Wer in Noppenbergers Auftragsbücher schaut, bekommt den Eindruck, das ganze Land sei im Gespräch, in kleinen Runden und doch flächendeckend, ob nach dem Sport, verbunden durch ein Hobby oder nur durch das Schicksal, zur gleichen Zeit ins selbe Dorf geboren worden zu sein. Es geht ums Gestern, Heute, Morgen, um Familiengeschichten und Erlebnisse bei der Arbeit. Bei Weitem nicht jeder Stammtisch ist politisch, aber wenn die Gespräche in den Gasthäusern doch zur Politik treiben, auch das ergab die Studie von Infratest, sind die Aussagen am Stammtisch deckungsgleich mit denen der Gesamtbevölkerung. Nicht linker, aber auch nicht rechter (siehe Kasten).

»Normale Leud eben«, sagt Noppenberger. Wie am Stammtisch »The Ponderosa«, nicht weit weg, gleich in Zentbechhofen. »Da müssen Sie schnell bremsen, sonst sind Sie durchgefahren.«

Es geht dann wieder über Land. Wälder und Äcker, Dörfer unter Zwiebelturmkirchen. Moped-Gangs, gefegte Bürgersteige, ondulierte Gärten.

Alle zwei Wochen trifft sich der Stammtisch Ponderosa in der Brauerei Friedel, 1467 gegründet, heute mit Gasthaus und Biergarten. Im Hof eine Stapelskyline roter Getränkekästen. Im Schankraum Wimpel und Pokale, vermutlich vom Noppenberger. Sehr fleischlastige Speisekarte.

Zentbechhofen hat 360 Einwohner, 100 sind Mitglied bei Ponderosa, 1968 gegründet, als im Fernsehen Bonanza lief und die Cartwrights auf der Ponderosa-Ranch die Pferde sattelten. 20 der 100 Mitglieder sind »aktiv«. Aktiv heißt hier: am kirchenfenstergroßen Eichentisch sitzen und trinken und reden, reden und trinken. Eine gesellige Runde, kein politischer Stammtisch. Das Eintrittsalter liegt bei 16, »dann geht’s hinauf, bis wir ihn zum Friedhof tragen«, sagt Holger vom Vorstand.

An diesem drückend warmen Sommerabend sind gekommen: Michel, Andi, Michaela, Elfriede, Reinhold, Andreas, Bernd, Lizzy und Markus. Manche noch in ihren Latzhosen, direkt von der Arbeit. Brauer, Maurer, Rentner. Kein Arbeitsloser. Einfache Menschen, aus der Hauptstadtperspektive. »Normale Leud« in der Selbstbetrachtung.

Eins vorweg, das ist der Runde wichtig: »Den einzig gescheiten Politiker hat grad der Zupfer!«

Der Zupfer?

»Na, der Ami. Der zupft doch immer Baumwolle. Und der hat jetzt den Obama.«

»Der ist doch auch nur ein Schauspieler!«

»Ehrlich ist der!«

»Und lebensmüd!«

»Weil er ehrlich ist.«

Und dann, wie aus dem Nichts, vielleicht beschleunigt durch die Hitze und das Bier, bricht sich im Wirtshaus Friedel unverhohlene Verachtung Bahn, Politikverdrossenheit in voller Wucht. Kernaussage: »Alles a Käs!«

Die Männer und Frauen haben die Mehrwertsteuererhöhung nicht vergessen. Das Rauchverbot. Die Ökosteuer. Das politische Berlin würde sich wundern, wie langlebig die Themen hier sind. Oder wie undankbar die Leute. Schimpfen ist leichter als Loben. Kein Wort über das Krisenmanagement der Großen Koalition. Kein Dank für das Modell der Kurzarbeit, mit dem auch Schaeffler hier in der Region die Leute in Lohn und Brot hält. Kein Stolz auf den Sozialstaat, der sich trotz der schweren Rezession als stabil erweist. Merkel? »Ein Gagala«, ein naives Küken, eine zögerliche Transuse. Steinmeier? »Ein Unsympath. Der dreht die Wörter, wie er’s braucht.«

Keine Argumente sind das, allenfalls Urteile, wenn nicht Vorurteile. Man könnte das leicht als unsachlich und unpolitisch abtun. Warum soll Thomas Steg, warum soll die Politik hier zuhören?

An welchen Wirtshaustisch man sich in diesem Land auch setzt – überall dieselben Motive. Und in der Wiederholung wird das scheinbar Unpolitische politisch.

In Einöd, Thüringen: »Was brauche ich die Politik? Die haben doch eh keine Macht mehr.«

In Kulmbach, Bayern: »Und gleich sind sie eh alle.«

In Raunheim, Hessen: »Jede Reform, die Politiker machen, heißt: Ich krieg weniger und muss mehr dafür tun.«

Und überall: »Zu den Großen kommt der Bundesadler, zu den Kleinen kommt der Pleitegeier.«

Es braucht eine Weile, um aus diesem Gebräu von Wut die Wahrheit herauszudestillieren: das Echo der Welt draußen auf die Welt drinnen. Die Verachtung der Politik durch jene, die sich von der Politik verachtet fühlen.

Im Brauhaus Friedel wird an diesem Abend insbesondere die Opel-Rettung kritisiert: als Entmündigung der Mehrheit.

»Wenn’s doch eine Million Autos zu viel gibt!«, ruft Andi.

»Wer fährt denn hier einen Opel?«, fragt Bernd.

»Ich«, sagt Andreas, »aber der ist mehr Rost als Auto.«

Bedeutungsschweres Nicken.

Darf die deutsche Politik eine Firma retten, deren Produkte die Deutschen seit Jahren nicht mehr schätzen? Und ist dieser Gedanke unsolidarisch gegenüber den 25000 Opelanern – oder solidarisch mit den Arbeitern bei Mercedes, Audi und VW?

Am Stammtisch herrscht Einigkeit: Opel muss sterben. Es ist wie ein Blutrausch jetzt. Zum Leben auf dem Land gehört der Tod, nicht nur im Schlachtraum. »Wer nicht überlebensfähig ist, muss weg!« Wie viele kleine Firmen haben sie hier krepieren sehen, still und unbeachtet. Wegen eines einzigen Fehlers. Weil ein Bankberater zu ängstlich war für noch einen Kredit.

»Der Obama hat GM wenigstens in die Insolvenz gehen lassen.«

»Der Einzige, der sich bei Opel getraut hat, die Wahrheit zu sagen, das war der Guttenberg.«

Wer hätte das in Berlin geahnt: Was volksnahe Strategie sein sollte, wird in Zentbechhofen als ungerecht und weltfremd verstanden. Hier sitzen keine Beamten, hier geht es Jahr für Jahr um die Existenz des Klein- und Mittelstands. Hier feiern Arbeiter einen Adligen. Wirtschaftsminister zu Guttenberg steht ganz oben im Politbarometer, da wird die deutsche Stammtischmeinung einmal manifest.

»Mit dem Merz wäre das auch nicht passiert.«

»Oder Westerwelle. Der hat auch eine Meinung.«

Dann fließt wieder das Bier in Zentbechhofen, und zurück bleibt eine Frage: Reicht es schon, eine Meinung zu haben, um beliebt zu sein im Volk? Fast wirkt es, als hätten die ganz normalen Leute das Werben um die ganz normalen Leute satt. Das politische Gedränge in die Mitte, in deren Konturlosigkeit. Im Brauhaus Friedel wird nicht geliebt, wer viel verspricht und vieles offenlässt, sondern werden Politiker geschätzt, die für irgendetwas stehen – ob aus Überzeugung oder nur durch dauerhaftes Wiederholen. Typen, die authentisch sind. Oder wenigstens authentisch wirken.

Neulich war Karl-Rudolf Korte mal wieder in Berlin, bei einer Diskussionsveranstaltung im Adlon, dem Luxushotel am Brandenburger Tor. Unwohl habe er sich da gefühlt, sagt er, alles so plüschig, so überladen. Ein Sessel, in dem man versinke. Ein Kopf, den man nicht freibekomme. Wie soll man da klar denken? Wie will man da kreativ sein?

Die Deutschen kennen Korte aus dem Fernsehen. An Wahlabenden steht er neben der ZDF-Moderatorin Bettina Schausten. Er analysiert dann die Ergebnisse blitzschnell und in druckreifen Sätzen. Korte liebt Worte. Den Politikbetrieb in Berlin hält er für ein »autistisches Subsystem«.

Korte, 50 Jahre alt, sitzt am Besuchertisch seines Büros am Stadtrand von Duisburg. Er ist Professor für Politikwissenschaft an der Universität Essen-Duisburg, Leiter der »Forschungsgruppe Regieren« und seit 2006 Direktor der NRW School of Governance, an der Politikmanagement gelehrt wird. Den Namen der Schule hat er sich selbst ausgedacht, und den Spitznamen gleich mit: »Ruhrpott-Harvard«. Korte glaubt an die Strahlkraft von Begriffen, an den Glanz der Worte. Weil sie »Erklärmacht« verliehen. Etwas, das der Politik zunehmend fehle.

Der Politikverdrossenheit der Bevölkerung stehe eine »Bevölkerungsverdrossenheit der Politiker« gegenüber, sagt Korte. Im »autistischen Subsystem Berliner Republik« fehle der Kontakt zum normalen Bürger, zu dem, was er denke, fühle, täglich erlebe. Es fehlen die richtigen Worte.

Aber kennt Korte sie, die richtigen Worte? Autistisches Subsystem. Erklärmacht. Korte, der Kritiker der Berliner Hermetik, spricht zuweilen auch eine Sprache, die ausschließt. Es ist einfach, eine einfache Sprache zu fordern. Und schwer, sie selbst zu sprechen.

Zugang zu der Außenwelt, sagt Korte, verschaffe sich die Innenwelt primär dadurch, dass sie die Bild- Zeitung analysiere, »den Lesestoff des Unterhaltungsproletariats«. Die Erfahrungen der Abgeordneten vor Ort, selbst der Wahlkreiskönige, würden genauso wenig systematisch ausgewertet wie der Schatz an sozialen Netzwerken, auch jenen im Internet, sagt Korte. Bei StudiVZ und Facebook, an den Stammtischen der Moderne, fließe nun der Wärmestrom der Demokratie. Wenn die Politik wüsste, was dort gedacht und geredet werde, besäße sie Erklärmacht.

»Man muss die Sprache der Leute kennen, und man muss sie auch sprechen, wenn man die Menschen erreichen will«, sagt Korte. Die Parteien sollten sich wieder weniger mit sich selbst und ihrem medialen Echo befassen. Und stattdessen den Menschen aufs Maul schauen, um erklärungsfähig zu werden. Ihnen aber nicht nach dem Munde reden, um glaubwürdig zu bleiben. Die »verschwurbelte Verzichtsrhetorik des Kanzlerkandidaten« komme bei den Leuten ebenso wenig an wie die »protestantische Armutsästhetik der Kanzlerin«.

Ein seltsamer Wahlkampf ist das: Ausgerechnet die Spitzenkandidaten der Volksparteien sind Experten in der leisen Bekämpfung des Gegners, im fremden wie im eigenen Lager. Keine Wortakrobaten, die sich vom Ortsverein durch Bierzelte nach oben reden mussten, die Parteibasis mitreißen. Und jetzt fehlen ihnen die richtigen Worte.

Ein Grollen hallt durch Mannheim, die Seckenheimer Landstraße hinauf zum feinen Restaurant Fody’s. Nein, nicht der Volkszorn ist da unterwegs, sondern sieben Porsche, darin die Mitglieder des Porsche-Clubs Südliche Weinstraße. Porsche, Süden, Wein – sorglos klingt das. Zumal die Männer, leitende Angestellte, Selbstständige, viele in den Vierzigern, gerade vom Kartfahren kommen und nun noch ein wenig essen und reden möchten im Fody’s, wo ein künstlicher Wasserfall plätschert und die Blattsalate denen im Café Einstein gleichen. Ein passender Ort, um die Politik einmal aus Porsche-Perspektive zu betrachten. Von oben. Vom Gipfel der Zufriedenheit.

»Das ist schon mal Quatsch«, sagt einer, der seinen Namen nicht geschrieben sehen will, wegen des Geschäfts. Jeder Porsche hier sei hart erspart, kein Bonus-Wagen wie in Bankenkreisen. Der Mann ist Bauunternehmer und hat in der Krise 15 von 25 Mitarbeitern entlassen müssen. Jetzt läuft die Zeit, es sind nur noch Monate, bis sie zu Hartz-IV-Empfängern werden. »Wie kann es sein, dass jemand nach 35 Jahren Arbeit alles verliert – wie einer, der sich 35 Jahre um die Arbeit gedrückt hat?« Wenn man ihn von seinen Leuten reden hört und merkt, wie ihn das quält, dann glaubt man wirklich: Hier sitzt der gutmütige Mittelständler, den bei jeder Kündigung das Gewissen beißt.

Was für ein Durcheinander: In Zentbechhofen schwärmen Arbeiter von Liberalen, in Mannheim attackieren Porsche-Fahrer die Politik von links.

»Wenn die SPD Leistungen kürzt, wie sollen die Arbeiter ihr dann noch trauen?«

»Und was macht dann erst die CDU? Teile der Reformen wieder rückgängig!«

»Aber eigentlich macht jetzt ja Karlsruhe die Gesetze. Immer wenn ich Nachrichten anmache, hat das Verfassungsgericht wieder etwas korrigiert.«

»Was mir fehlt, ist ein Großprojekt, eine Grundsatzidee. Etwas Positives. Das mit der Solarenergie in Afrika! Da hat mal jemand weiter gedacht, als nur das nächste Autobahnteilstück zu eröffnen.«

Solarpower statt Autobahn, kein typisches Porsche-Fahrer-Statement. Aber eins, das plötzlich klarmacht, weshalb sich die Welt drinnen und die Welt draußen so fremd geworden sind: Es fehlt ein Projekt, eine Grundsatzidee. Das Große, das alles Kleine bündelt. Es fehlt das Positive.

Früher erschien den Menschen die Gegenwart als Ausgangspunkt für mehr Wohlstand und mehr Sicherheit, sie war die Startrampe ins Glück. Die Politik benannte große Ziele, die Emotionen freisetzten, mit Begriffen, die glänzten. Westbindung und Wirtschaftswunder, Ostverträge und Bildung für alle, Europäische Union und deutsche Einheit.

Heute erscheint den Menschen die Gegenwart als die Absturzkante vor dem sozialen Verfall. Retten, was zu retten ist. Selbst wenn es so wäre – muss die Politik diesen Eindruck noch verstärken? Kleine Ziele, matte Begriffe. Vorsorgender Sozialstaat und Gesundheitsfonds, Haushaltskonsolidierung und Rentensicherungsgesetz. Wer immer nur Kleines hört, wird irgendwann kleingeistig. Und auch der, dem es eigentlich gut geht, schreitet schließlich durch ein Jammertal.

Bei den Porsche-Fahrern in Mannheim gibt es an diesem Abend kein Lager mehr und keine Ideologie. Einig sind sich alle nur in ihrer Unzufriedenheit. Sogar hier, wo der gehobene Stammtisch sitzt und zum abschließenden Espresso der Satz fällt: »Eigentlich geht es uns ja nicht schlecht.«

Das ist überall so. In jedem Gasthof, an jedem Tisch: Der Bürger sagt, ihm gehe es nicht schlecht – doch wird er Wähler, meckert er. Wenn man halbwegs zufrieden ist mit seinem Leben, muss man dann nicht auch halbwegs zufrieden sein mit der Politik?

Ist der Stammtisch also auch ein wenig schizophren?

Da erhebt sich ein unschlüssiges »Ja … nein … jein … schon irgendwie … doch nicht«. Komplizierte Sache jetzt. Viel einerseits und andererseits. Ungerecht ist er, der Stammtisch, aber auch gnadenlos in seinem Gerechtigkeitsempfinden. Und seiner Selbstgerechtigkeit. Der Stammtisch kennt keine Sachzwänge und keine Detailfragen – aber auch nichts, was den Blick auf die naheliegende Lösung verstellt. Der Stammtisch ist derb, direkt, aber zuweilen leuchten hier Wahrheiten auf, die nicht falsch sind, nur weil sie so einfach klingen.

Der Berliner Hof in Göttingen, unweit der Uni. »Hotel und Pilsstube« steht draußen auf dem Schild. Drinnen das vergilbte Flair der siebziger Jahre: Holztische, Holzbänke, Sitzkissen, Spitzwegs Armer Poet an der Wand, Kaffeekannen auf einem Regal, eine Magnumflasche Ferrari Brut daneben, darunter Sprüchepostkarten. »Lehrer haben vormittags recht und nachmittags frei«, steht auf einer.

Hier trifft sich der Politikwissenschaftler Franz Walter jeden Dienstagabend mit seinen Studenten. Nach dem Kolloquium der AG Parteienforschung. Zum Stammtisch.

Tische werden zusammengeschoben, 35 Leute finden Platz. Walter, 53, in Jeans und T-Shirt, ist schon beim ersten Bier in seinem Element, dem Dozieren: Die Volksparteien seien am stärksten gewesen, als das Fernsehen noch als Lagerfeuer gedient habe, um das sich allabendlich die Nation versammelte, sagt er. Zu Beginn der siebziger Jahre. Karl-Heinz Köpcke, Peter Frankenfeld, der Internationale Frühschoppen und zu den Wahlen die Elefantenrunde der Spitzenkandidaten. Strauß. Brandt. Barzel. Klare Fronten, klare Worte, Streit, Beleidigungen. Vielleicht war Politik damals einfacher, waren die Wahrheiten klarer. Mehr Ideologie im Spiel um die Macht. Jedenfalls: höchstes Stammtischniveau!

Heute gibt es für jeden Lebensstil eine Partei. In den individualisierten Lebenswelten der Moderne fehlten kollektive Erfahrungen, fehle das eine große Thema für den einen großen Streit, sagt Walter. Das sei zunächst nicht die Schuld der Politik.

Mitten hinein ins große »Aber!« schmeißt Walter eine Runde Wodka. Dann nimmt er sich Gerhard Schröder zur Brust. Und Matthias Machnig, dessen einstigen Wahlkampfmanager. Was hätten die beiden 1998 alles für unwichtig erklärt! Den Kontakt zur eigenen Parteibasis. Die direkten Gespräche mit den Menschen. Die Verbindung zur realen Welt. Die Medienkommunikation hätten sie zum Wundermittel erhoben: Lufthoheit in Bild, BamS, Glotze – und man herrsche, solange man wolle. »Was für ein Blödsinn!«, sagt Walter. »Der Zauber der Medienkommunikation ist weg.«

Bei der nächsten Runde kommt Walter bei den Medienagenten an. Auf den Mond schießen sollte sie die Politik. Die Parteien müssten weg von ihrer Selbstveredelung, von ihrer Inszenierung als Hort des Zeitgeistes, und, ja: wieder volkstümlicher werden! An Parteiabenden, sagt Walter, habe früher eine Blaskapelle gespielt. »Heute hört man Jazz…«

Irgendwann verabschiedet sich Walter, doch die Debatte wogt weiter durch den Berliner Hof in Göttingen. Bis halb vier morgens.

Auf der Rückfahrt nach Berlin melden die Radionachrichten, dass SPD-Kanzlerkandidat Steinmeier Gesundheitsministerin Schmidt »vorläufig« nicht für sein Kompetenzteam nominiert habe. Und eine Prüfung von Bundesrechnungshof und Haushaltsausschuss des Bundestages abwarte.

Rauswerfen, aber nur ein bisschen. Nicht ins Kompetenzteam aufnehmen, aber Ministerin bleiben lassen. Dem Bundesrechnungshof die Sache übergeben. So handelt die Welt drinnen.

In der Welt draußen wirft man jemanden raus oder stellt sich vor ihn. In der Welt draußen müssen hin und wieder harte Entscheidungen getroffen werden, ungerecht, unpopulär, damit es weitergeht. In der Welt draußen, am Stammtisch, werden sich die Leute jetzt das Maul zerreißen: Ein Mann, der Kanzler werden will und nicht entscheidet!

In der Welt drinnen wird man über diesen Moment wahrscheinlich einmal sagen: Da wurde die Wahl endgültig entschieden. Da hätte der Politiker mehr Klarheit wagen müssen. Mehr Stammtisch.