Eine weitere liberale Partei?

Eine weitere liberale Partei?

Für eine Partei, die gerade mal in zwei Landtagen sitzt, war das Medieninteresse beim Parteitag der Piraten am Wochenende in Neumünster enorm. Der vor allem in Umfragen prognostizierte Höhenflug, der die Partei zur drittstärksten aufsteigen ließ, war sicher ein Grund für das große Aufgebot an Journalisten.

Doch das Hauptproblem der jungen Partei ist zur Zeit die eigene Perspektive. Die scheidende Geschäftsführerin Marina Weisband, die schon heute den Status als Petra Kelly der Piraten besitzt, hat das Problem in eine Frage gefasst: “Wohin geht die Piratenpartei? Ich weiß es nicht, und niemand hier weiß es.”

Die nächsten Wahlen werden zeigen, ob die Partei nur eine medial aufgeheizte Frühjahrsblase war oder ob sich im Zuge der digitalen Revolution – vermutlich – eine weitere liberale Partei neben der FDP und den Grünen in Deutschland etabliert. Die Piraten sind die Partei für jene Liberalen, denen die FDP zu altmodisch am klassischen Handwerker orientiert und die Grünen zu ökologisch und politisch korrekt ist. Die Schwäche der FDP war bisher einer der Hauptgründe für den Umfragehöhenflug der Piraten. Deswegen werden zur Zeit zwischen den drei liberalen Formationen auch die heftigsten Kämpfe ausgefochten. Grüne und FDP haben natürlich wenig Interesse, eine weitere Partei in ihrem Revier grasen zu lassen. Umgekehrt sind die neuen Liberalen interessiert, ihre Version als die zeitgemäße Variante des Liberalismus erscheinen zu lassen.

Daher ist es auch mehr als politische Koketterie, dass bei den Landtagswahlen in Schleswig Holstein Kandidaten ihre ehemalige FDP-Mitgliedschaft werbewirksam ins Feld führen. Eher versteckt dagegen wird Angelika Beer, die Anfang der 90er Jahre als Linksgrüne ihre Karriere begonnen hat und unter Rot-Grün die Bundeswehr lieben lernte. Das tat sie mit einer solchen Vehemenz, dass es den Grünen zu viel wurde und ihr trotz mehrerer Bemühungen eine erneute Kandidatur für die Europawahl nicht gelang. Danach hatte sie nach eigenem Bekunden genug von Intrigen und Hinterzimmerpolitik und hofft auf die Fortsetzung ihrer politische Karriere als Piraten-Landtagsabgeordnete von Schleswig Holstein.

Mit dem neuen Parteivorsitzenden Bernd Schlömer dürfte Beer in dieser Frage keine Probleme haben. Der verbeamtete Regierungsdirektor im Bundesverteidigungsministerium befürwortet ebenfalls die Bundeswehreinsätze in Kosovo und Afghanistan, hätte allerdings nach eigenen Bekunden auch keine Probleme, das Gegenteil zu vertreten, wenn es die Piratenbasis so entscheidet. Als Kompromiss könnte dann wie bei den anderen Liberalen herauskommen, Bundeswehreinsätze dann abzulehnen, wenn sie nicht im wirtschaftlichen und geopolitischen Interesse Deutschlands sind.

Schlömer, der eine weitere Professionalisierung der Partei angekündigt und eine Regierungsbeteiligung ausdrücklich nicht ausgeschlossen hat, dürfte die Entwicklung der Piraten zu einer neuen FDP beschleunigen. Der Bundesverband der Deutschen Industrie hat mittlerweile auch registriert, dass sich hinter dem Freibeutersymbol Liberale verbergen, die möglicherweise für die Interessen der Lobbyverbände der Unternehmer ein offenes Ohr haben. Der BDI-Vorsitzende kann sich Gespräche mit der neuen Partei über deren Programm vorstellen und die ersten Lobbyverbände waren schon am Parteitag anwesend. Zunächst müssen die Piraten aber liefern und das Umfragehoch in konkrete Wählerstimmen bei den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen verwandeln.

Source : http://www.heise.de/tp/blogs/8/151901

Von : Peter Nowak in Telepolis > Politik-News

Liquid Democracy

Liquid Democracy

Das Fundament der täglichen Arbeit in der Parteiendemokratie sind ein paar Fraktionen im Parlament, die entweder miteinander koalieren oder als geschlossene Truppen gegeneinander zu Felde ziehen. Die Vielschichtigkeit der Ansichten, Ziele, Lebenssituationen der Menschen wird auf ein paar kontrastreiche Farben reduziert, Disziplin nach innen und unerbittliche Gegnerschaft nach außen – das macht die Freund-Feind-Politik aus, die schon Carl Schmitt so klar beschrieben hat.

Glaubwürdigkeit kann in einer modernen informierten Gesellschaft so nicht gewonnen werden. Warum sollten zwei Abgeordnete, die beim Rauchverbot in Gaststätten einer Meinung sind, auch in Fragen des militärischen Eingreifens in Afghanistan und bei der Präimplantationsdiagnostik übereinstimmen. Das ist keinem Wähler plausibel, weshalb das Volk, nicht zu Unrecht, den Eindruck gewinnt, die Abgeordneten, die angeblich “nur ihrem Gewissen verpflichtet sind”, seien in Wirklichkeit die Soldaten im parlamentarischen Kampf, die von ihren Vorgesetzten in der Fraktionsführung oder in der Regierung beliebig hin- und her manövriert werden.

Ein Gegenentwurf dazu stellt die Idee der “Liquid Democracy”, also einer Verflüssigung der starren Fronten in der Parlamentsarbeit dar. Hier könnten, bezogen auf einzelne Themen und Sachfragen, Mehrheiten fließend gebildet werden. Grundprinzip ist, dass der einzelne Abgeordnete zu einem Thema entweder selbst die notwendige Sachkompetenz aufbaut oder – entsprechend seiner eigenen Grundeinstellung – einem Anderen vertraut, der dann den Stimmanteil des ersten mit verwendet. Auch dieser kann dann natürlich entscheiden, ob er selbst an der Abstimmung teilnimmt oder seinen Anteil an einen weiteren, kompetenteren Abgeordneten weitergibt.

Das Gespenst der Weimarer Republik

Könnte Liquid Democracy im Parlament funktionieren? Auf jeden Fall, und quasi ab sofort. Allerdings müsste dafür in den Köpfen sowohl der politischen Klasse als auch der öffentlichen Meinung einiges passieren.

Bei einem Bild von “wechselnden Mehrheiten”, wie es vom Konzept der Liquid Democracy unweigerlich produziert wird, mag man sich an die chaotischen Zustände der Weimarer Republik erinnert fühlen. Würde die Regierung nicht von einer Regierungskrise in die andere stürzen, wenn die Parteien der “Regierungskoalition” nicht bei allen Entscheidungen und Gesetzesvorhaben einheitlich abstimmen?

Das wäre nur dann der Fall, wenn man wegen jeder Einzelfrage gleich die ganze Beziehung infrage stellen würde. Im normalen Leben macht das niemand, in einer Ehe kann der eine zum Pop-Konzert und der andere ins Kino gehen, ohne dass gleich das Zusammenleben komplett zur Disposition steht.

Das Grundgesetz verankert nicht nur die Gewissens- und Fraktionsfreiheit jedes Abgeordneten, sondern auch die Gewaltenteilung. Nach dieser ist eine Kopplung der Regierung an eine Mehrheitskoalition im Parlament ohnehin nicht nötig. Wichtig ist nur, dass das Parlament sich zu Beginn einer Legislaturperiode auf eine Kanzlerin oder einen Kanzler einigt und dann die Regierungsmitglieder akzeptiert. Die Gewaltenteilung sieht dann vor, dass das Parlament die Gesetze beschließt, die diese Regierung dann – mit Unterstützung des Apparates der Ministerien – umzusetzen hat. Da kann dann durchaus das eine oder andere Gesetz dabei sein, dass der Kanzlerin nicht passt, nach dem Grundgesetz ist das gar nicht notwendig. Sie soll Gesetze nicht ausdenken, sondern umsetzen.

So könnten nach dem Prinzip der flüssigen Demokratie also die Parlamentarier mit fließenden Mehrheiten Gesetze beraten und beschließen und zur Umsetzung an das Kabinett weiterleiten. Wir könnten eine authentischere, glaubhaftere Politik haben, ohne dass auch nur ein Wort am Grundgesetz zu ändern wäre – sein Wortlaut müsste nur ernst genommen werden.

Aber wie wird dann gewählt?

Man könnte einwenden, dass die Wähler aber klare Programme von Parteien wollen in denen steht, welche Politik die Partei, und nicht, welche verschiedenen Politiken die einzelnen Politiker verfolgen. Dazu ist zweierlei zu sagen:

Erstens werden sich Personen, die gleiche oder verwandte Ansichten zu politischen Fragen haben, weiterhin in der gleichen Partei zusammenfinden und das gleiche Grundsatzprogramm unterstützen. Für diese Grundsätze wird eine Partei gewählt, das heißt aber nicht, dass die Menschen, die da gewählt werden, in jeder Einzelfrage die gleiche Meinung haben müssen. Da darf es im Parlament genauso zugehen wie im Volk, das durch das Parlament ja repräsentiert werden soll.

Zweitens braucht so ein Parlament, das mit der Gewaltenteilung ernst macht, keine 5-Prozent-Hürde mehr. Damit könnten sich viel mehr Parteien mit viel differenzierten und spezialisierten Programmen um Plätze im Parlament bewerben. Vielen Menschen ist genau ein Politikfeld besonders wichtig – und die Spezialisten für dieses Feld könnten sie sich ins Parlament wählen, damit sie unter den anderen Abgeordneten für die Felder, auf denen sie kompetent sind, um Vertrauen und Mehrheiten werben.

Source : http://www.heise.de/tp/artikel/35/35710/1.html

Von : Jörg Friedrich in Telepolis > Politik

Gemeenewahlen zu Eechternaoch

Gemeenewahlen zu Eechternaoch

Just e puer chiffren, déi schwätzen schons fir sech :

2005
Rondele
geschwärzt
Löschte
stömmen
Nominativ
Stömmen
Total Sötz Stömme
pro Sötz
% vun
de Stömmen
CSV 174 1914 5571 7485 4 1871 34.28%
LSAP 293 3223 4175 7398 4 1850 33.88%
DP 177 1947 4055 6002 3 2001 27.48%
APE 25 175 778 953 0 4.36%
2011
Rondele
geschwärzt
Löschte
stömmen
Nominativ
Stömmen
Total Sötz Stömme
pro Sötz
% vun
de Stömmen
CSV 161 1771 4550 6321 3 2107 27.92%
LSAP 209 2299 3362 5661 3 1887 25.01%
DP 99 1089 3486 4575 2 2288 20.21%
Déi Greng 204 2244 2617 4861 3 1620 21.77%
FBP 35 315 906 1221 0 5.39%
Evolutioun 2005 op 2011
Rondele
geschwärzt
Löschte
stömmen
Nominativ
Stömmen
Total Sötz
CSV -13 -143 -1021 -1164 -1
LSAP -84 -924 -813 -1737 -1
DP -78 -858 -569 -1427 -1
Déi Greng nei derbai 3
FBP 10 140 128 268 0
2005 2011 Evolutioun
2005 op 2011
Stömmen Nominativ
Stömmen
Stömmen Nominativ
Stömmen
Stömmen Nominativ
Stömmen
André HARTMANN 1282 1105 1044 945 -238 -160
Marc DIEDERICH 1128 954 1068 907 -60 -47
Ben SCHEUER 627 334 1018 809 391 475
Théo THIRY 1140 966 966 805 -174 -161
Carole DIESCHBOURG

924 720

Jean-Claude STRASSER 1041 748 875 666 -166 -82
Yves WENGLER 1032 858 815 654 -217 -204
Francis REUTER 715 538 643 544 -72 6
Raymond BECKER

737 533

Edmond NEU 733 559 575 414 -158 -145
Luc BIRGEN

617 408

Danielle HEIM 587 294 600 391 13 97
Marcel HEINEN 491 314 490 391 -1 77
Jean-Paul FUNCK 424 247 451 352 27 105
Steve WAGNER 414 237 416 317 2 80
Vicky BERSCHEID-HOFFMANN 517 343 429 268 -88 -75
Patrick DENTER 533 240 447 238 -86 -2
Max PESCH

441 237


Marco FETZ 157 132 142 107 -15 -25
Jang DOSTERT 150 125 141 106 -9 -19
Franco NANNA 348 171 205 106 -143 -65
Pierre WOHL 188 163 123 88 -65 -75
Marion JOHN-MULLER 408 115 281 72 -127 -43

Grafik: rtl.lu

Maximalerfolg für die Piraten

Maximalerfolg für die Piraten

Gestern waren in Berlin etwa 2,5 Millionen Wahlberechtigte aufgerufen, ihre Stimmen abzugeben – mehr als in den meisten ostdeutschen Bundesländern oder in Schleswig-Holstein. Das Ergebnis zeigt, dass immer weniger davon bereit sind, diese Stimme für fünf Jahre abzugeben und dann darauf zu hoffen, dass die gewählte Partei ihre Versprechen erfüllt. Sie wählten die Piratenpartei, für die Direkte Demokratie ein zentrales Anliegen ist.

Die Piraten schafften es aus dem Stand auf 8,9 Prozent und ziehen mit allen 15 aufgestellten Piraten in das Abgeordnetenhaus ein. Eine wichtige Rolle dabei spielte anscheinend ihr Offline-Wahlkampf: Die Plakatmotive und -slogans von “Warum häng ich hier eigentlich, ihr geht ja eh nicht wählen” bis hin zum ironisch verwendeten Adenauer-Schlachtruf “Keine Experimente!” wurden zum Medienthema, das (getreu dem Motto “Vertrau keinem Plakat – Informier Dich!”) im Schlepptau Piratenthemen aufs Tablett brachte, die offenbar auch Wähler über die IT-Welt und die Jugend hinaus ansprachen.

Trotz der Unisono-Kommentare aus anderen Parteien, dass es sich bei diesem Ergebnis um eine “Protestwahl” gehandelt habe, waren es gerade die Piraten, die den am stärksten inhaltlich orientierten Wahlkampf führten. Während die CDU weitgehend frei interpretierbare Werbesprüche wie “Damit sich was ändert” und (gleichzeitig) “Damit Steglitz-Zehlendorf so bleibt wie es ist” plakatierte, warteten sie mit konkreten Forderungen wie der auf, dass Wohnungen vor einem Verkauf erst den Mietern angeboten werden müssen. Zum Erfolg beigetragen haben dürften aber auch klassische Themen wie die Vorratsdatenspeicherung oder die Leistungsschutzrechtsverlängerung für Musikkonzerne, die am letzten Montag im EU-Ministerrat unter weitgehendem Ausschluss der Öffentlichkeit beschlossen wurde und an der Politiker aller etablierten politischen Richtungen beteiligt waren.

Diese klassischen Themen wurden in der Fernsehanalyse des Erfolgs der Piraten praktisch vollständig ausgespart. Trotzdem wird man sich beispielsweise innerhalb der Linkspartei, die mit 1,7 Prozentpunkten Verlust und einem Ergebnis von 11,7 Prozent aus der Regierung flog, Gedanken darüber machen, ob man mit einer von der Nähe zur Gewerkschaft Verdi bestimmten Internet-Politik in Zukunft noch weitere Verluste zugunsten der Piratenpartei hinnehmen muss.

Die Grünen, die mit 17,6 Prozent zwar einem Zugewinn in Höhe von 4,5 Prozentpunkten verbuchen können, aber trotzdem enttäuscht sind, weil ihnen im Frühjahr noch ein deutlich höheres Ergebnis zugetraut wurde, könnten Gewissenserforschung dazu betreiben, ob sie Inhalte wie die Gegnerschaft zu einer Totalüberwachung der elektronischen Kommunikation aller Bürger oder zu Netzsperren zukünftig so bedenkenlos Koalitionsabkommen opfert wie in Nordrhein-Westfalen.

Und die FDP, die mit einem Verlust von 5,8 Prozentpunkten und einem Ergebnis von nur mehr 1,8 Prozent ihren Fraktionssaal für die Piraten räumen muss, darf sich fragen, ob eine Schärfung des bürgerrechtlichen Profils ihren drohenden Untergang aufhalten kann, den Helmut Schmidt einmal als “Akt der politischen Hygiene” herbeisehnte. Das denken offenbar auch Anhänger der Titanic-Partei, die gestern die Wahlparty der FDP “kaperten” und hinter den betretenen Gesichtern der Berliner Liberalen lautstark in die Kameras jubelten.

Aber auch die nur mehr 28,3 Prozent starke SPD, von der die Piratenpartei einer ZDF-Analyse zufolge fast 20 Prozent ihrer Wähler holte, muss sich Vorwürfe gefallen lassen, dass ihr Verlust in Höhe von 2,5 Prozentpunkten möglicherweise auch von dem Versuch herrührt, das Immaterialgüterrecht lobbygerechter zu gestalten, als die CDU dies plant.

Die wiederum durfte sich gestern zwar über einen Zugewinn in Höhe von 2,1 Prozent und 23,4 Prozent der Wählerstimmen freuen, muss sich aber angesichts der Altersstruktur ihrer Wähler große Sorgen machen, dass sie in Zukunft massiv an Bedeutung verliert. Unter anderem deshalb, weil sich mit der Unionsabspaltung Die Freiheit eine zweite Partei sammelt, die den Wählern mehr Volksabstimmungen verspricht und darüber hinaus mit Islamkritik für sich wirbt. Sie scheiterte gestern mit etwa einem Prozent der Wählerstimmen, hat aber möglicherweise dann größere Chancen, wenn es in einem Bundesland keine Konkurrenz von rechts antritt, wie dies in Berlin der Fall war.

Source : http://www.heise.de/tp/artikel/35/35515/1.html

Von : Peter Mühlbauer in Telepolis > Politik